Yersinia enterocolitica

(aus ZCT 3-2007)

 

Morphologie und Kultur

 

Y. enterocolitica ist der häufigste Erreger der enteralen Yersiniose. Die Gattung Yersinia gehört zur Familie derEnterobacteriaceae, von der noch die Spezies Y. pseudotuberculosis und Y. pestis humanpathogene Bedeutung besitzen. Yersinien sind gramnegative, begeißelte kurze Stäbchenbakterien. Y. enterocolitica lässt sich auf den Medien, die auch zur Anreicherung und Selektion anderer Darmbakterien verwendet werden, leicht anzüchten. Das Wachstum bei 37°C ist schlechter als das von anderenEnterobacteriaceae, so dass die Kolonien leicht übersehen werden können. Bei 20-30°C ist das Wachstum besser. Da sich Yersinien auch bei Kühlschranktemperaturen noch vermehren, ist eine Selektion auch weniger Bakterien im sogenannten Kälteanreicherungsverfahren möglich. Die Unterteilung erfolgt in verschiedene Serovare und Biovare.

 

 

Epidemiologie

 

Yersinien sind Zoonoseerreger. Die Aufnahme von Y. enterocolitica erfolgt in der Regel über fäkal kontaminierte Nahrungsmittel (vor allem Wild- und Schweinefleisch). Der vorherrschende Serotyp in Deutschland ist O:3 (90%). Weitere Serotypen (5%) sind O:9 und O:5,27 (1%). Neuerdings wird hierzulande auch vereinzelt der Serotyp O:8 nachgewiesen, der in den USA endemisch ist. Es besteht Meldepflicht. Im Jahr 2005 wurden dem Robert Koch-Institut 5.624 durch Y. enterocolitica bedingte Erkrankungen gemeldet. Dabei ist über die letzten Jahre ein sinkender Trend festzustellen. Die höchste Inzidenz ist bei Kindern im Alter von 1-4 Jahren zu beobachten.

 

 

Pathogenese und Krankheitsbilder

 

Die Inkubationszeit wird mit 3 bis 10 Tagen angegeben. Die Stämme, die als Krankheitserreger beim Menschen isoliert werden, besitzen ein ca. 70 kb großes Plasmid, das Gene für verschiedene Virulenzfaktoren trägt. Hierzu zählen Proteine, die für die Adhärenz von Bedeutung sind, und solche, die antiphagozytäre Eigenschaften besitzen. Darüber hinaus wird ein chromosomal kodiertes, hitzestabiles Enterotoxin gebildet.

Die Bakterien gelangen in den unteren Intestinaltrakt, penetrieren die Darmmukosa und werden mit den Makrophagen zu den Mesenteriallymphknoten transportiert. Das Spektrum der Symptome reicht von leichter Diarrhö bis zum septisch-typhösen Erscheinungsbild. Es dominieren die Symptome einer akuten Enteritis, d.h. die Krankheit ist durch dünnbreiige bis wässrige Durchfälle, z.T. mit auf eine Enterokolitis hinweisenden Schleim- oder Blutbeimengungen, sowie kolikartige abdominelle Schmerzen, Fieber und Erbrechen charakterisiert. Die Dauer der Krankheit liegt zwischen wenigen Tagen und zwei Wochen. Diese Form der Krankheit wird vor allem bei Kindern bis zum 10. Lebensjahr beobachtet. Bei älteren Kindern und jungen Erwachsenen kann die Infektion auch eine mesenteriale Lymphadenitis und Ileitis (Pseudoappendizitis) nach sich ziehen. Oft wird das Bild eines „akuten Bauchs“ vorgetäuscht. Ein Sepsis findet sich bei ca. 1% der Patienten.

Bei ungefähr 20% der Patienten treten, zumeist nach ein bis vier Wochen, immunpathologische Komplikationen auf. Hierzu gehören die Mono- oder Polyarthritis sowie das Erythema nodosum.

 

 

Diagnostik

 

Der sichere Nachweis des Erregers kann nur über die kulturelle Anzüchtung erfolgen. Als Untersuchungsmaterial eignen sich Stuhlproben sowie Resektionsmaterial bei Patienten mit Appendizitis oder Lymphadenitis. Der Erregernachweis im Stuhl gelingt aber nur in den beiden ersten Krankheitswochen. Für die Isolierung und Anreicherung werden Spezialmedien verwendet. Bei Lymphadenitis und Arthritis kann die Kälteanreicherung (2-6°C) versucht werden. Die Identifizierung erfolgt anhand der biochemischen Merkmale und die Serotypisierung aufgrund der Antigene. Zum Nachweis von Antikörpern eignen sich der Agglutinationstest nach Widal, ein ELISA oder ein Immunoblot-Test.

 

Therapie

 

Bei Patienten in gutem Allgemeinzustand erfolgt zumeist eine Spontanheilung, so dass eine antibiotische Therapie nicht erforderlich ist. Dagegen muss bei Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf in jedem Fall eine Antibiotika-Therapie durchgeführt werden. Als Therapie der Wahl wird Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.; 2mal tgl. 500 mg) empfohlen. Alternativen sind Cotrimoxazol (EUSAPRIM u.a.; 2mal tgl. 960 mg) und Tetrazyklin (ACHROMYCIN u.a.; 4mal tgl. 250 mg). Levofloxacin (TAVANIC) ist ebenfalls gut wirksam. Die Behandlungsdauer beträgt sieben Tage. Bei der Behandlung der Sepsis sollte Ciprofloxacin i.v. mit Gentamicin (REFOBACIN u.a.) kombiniert werden. Ampicillin (BINOTAL u.a.) ist für die Therapie ungeeignet, da die meisten Yersinien-Stämme Beta-Laktamase bilden.

 

 

Meldepflicht

 

Gemäß IfSG bei Krankheitsverdacht, Erkrankung, Tod, direktem oder indirektem Erregernachweis.

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