Streptococcus Spezies

 (aus ZCT 5-2013)

 

 

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

In der Gattung Streptococcus sind runde bis ovale, d.h. kokkoide Bakterien eingeordnet, die in Paaren oder Ketten angeordnet sind, in der Gramfärbung erscheinen sie grampositiv. Das Wachstum auf bluthaltigen Medien ist oft mit einer Hämolyse verbunden. Ihr natürlicher Standort ist der Mund bzw. der obere Respirations-, der Gastrointestinal- sowie der Genitaltrakt des Menschen und auch von Tieren.

Hämolysevermögen:

• a-Hämolyse = unvollständige Hämolyse von Erythrozyten in Form einer sogenannten Vergrünung = vergrünende Streptokokken bzw. „Streptococcus viridans“ (kein gültiger Bakterienname)

• ß-Hämolyse = vollständige Hämolyse von Erythrozyten = ß-hämolysierende Streptokokken wie Streptococcus pyogenes, Streptococcus agalactiae, Vertreter der „Streptococcus milleri-/Streptococcus anginosus“-Gruppe und andere.

Gruppeneinteilung: Neben der Einteilung der Streptokokken innerhalb der Gattung durch das Hämolyseverhalten, ist die Gruppeneinteilung nach Lancefield von Bedeutung; Polysaccharide der Zellwand (sog. C-Substanz) sind extrahierbar und reagieren mit spezifischen Antiseren in einer Präzipitationsreaktion. Insgesamt werden die Lancefield-Gruppen A bis W unterschieden, wobei es sich beim Antigen der Gruppe D nicht um ein Polysaccharid, sondern um zellwandgebundene Teichonsäure handelt. Die Gruppeneinteilung nach Lancefield ist vom Hämolyseverhalten unabhängig! Grundsätzlich kann von der Gruppe auch nicht zwingend auf die Streptokokkenart rückgeschlossen werden. Die pyogenen Vertreter der ß-hämolysierenden Streptokokken gehören zu den Gruppen A, B, C und G.

 

 

Krankheitsbilder

 

Neben Streptococcus pyogenes (Gruppe A) als einem der wichtigsten bakteriellen Erreger beim Menschen und Streptococcus agalactiae (Gruppe B) als Ursache einer Mastitis bei Rindern mit zunehmender Bedeutung beim Menschen (vor allem bei Neugeboreneninfektionen, Wund- und Harnwegsinfektionen sowie Sepsis), sind weitere pyogene Streptokokkenarten klinisch bedeutsam.

 

 

Streptococcus dysgalactiae, Streptococcus equi

 

Lancefield-Gruppen C bzw. G mit zwei Spezies und jeweils zwei Subspezies S. dysgalactiae subsp. equisimilis (C- und G-Gruppe) und subsp. dysgalactiae (C-Gruppe; Infektionen bei Tieren); S. equi subsp. equi (C-Gruppe) und subsp. zooepidemicus (C-Gruppe). Beim Menschen wird in erster Linie S. dysgalactiae subsp. equisimilis als Kommensale (oberer Respirationstrakt, Gastrointestinaltrakt, Vagina) aber auch als Erreger nachgewiesen. Die Krankheitsbilder sind ähnlich wie bei S. pyogenes (Pharyngitis, Weichgewebsinfektionen, Osteomyelitis, Meningitis, Endokarditis, rheumatisches Fieber) einschließlich der möglichen Entwicklung eines Streptokokken-toxic-shock-Syndroms (STSS)1 sowie rezidivierender Infektionen.2 Bei vielen Patienten existieren Grunderkrankungen wie kardiopulmonale Erkrankungen, Diabetes mellitus, Malignome, Nieren- bzw. Leberversagen.3 Wichtigster Virulenzfaktor wie bei S. pyogenes ist das M-Protein, welches die Zelladhäsion vermittelt und antiphagozytär wirkt. Alle anderen Arten sind seltener und werden meist bei Tieren (Pferde, Kühe, Schweine, Schafe, Hunde) isoliert. Allerdings ist S. equi subsp. zooepidemicus der aggressivste Vertreter der C-Streptokokken, bei einer Übertragung vom Tier auf den Menschen oder indirekt über nicht pasteurisierte Milch bzw. Käse (meist aus Kuhmilch) kann das Bakterium Ursache einer Nephritis, Arthritis, Sepsis, Meningitis, Endokarditis, Pneumonie oder eines abdominalen Aneurysmas sein. Als Komplikation kann eine Poststreptokokken-Glomerulonephritis auftreten. Häufig erkranken ältere Personen (>70 Jahre) mit teilweise sehr hoher Letalität.4  S. equi subsp. equi verursacht nur bei Pferden eine „Druse“ (Coryza contagiosa equorum) genannte Erkrankung der oberen Luftwege.5

 

 

Streptococcus bovis, Streptococcus gallolyticus

 

Zur Lancefield-Gruppe D gehören die wichtigen humanpathogenen Vertreter Enterokokken, Streptococcus bovis und S. gallolyticus. Streptococcus bovis kann bei gesunden Personen in 10 bis 16% nachgewiesen werden, bei Patienten mit Malignomen des Gastrointestinaltrakts oder bei engem Tierkontakt (Veterinär, Schlachthofpersonal, Metzger) nach einer älteren Studie sehr viel häufiger (bis 56%).6 Nach epidemiologischen Daten besteht offensichtlich bei intestinaler Besiedlung und einem gleichzeitig bestehenden Kolonkarzinom bzw. Adenomen das erhöhte Risiko, eine Bakteriämie, eine Endokarditis7,8,9 oder eine Meningitis zu entwickeln. Über Patienten mit Sepsis und vertebraler Osteomyelitis wurde berichtet.10

S. gallolyticus subsp. gallolyticus (S. bovis Biotyp I) und subsp. pasteurianus (S.bovis Biotyp II/2) werden als Erreger in natürlicherweise keimfreien Materialien, bei Sepsis, Meningitis11 oder Endokarditis (bes. Mitralklappe)12 isoliert. Betroffen sind vor allem Patienten mit Kolonkarzinomen oder Erkrankungen der Leber.13

 

 

„Streptococcus milleri-Gruppe“ synonym mit „Streptococcus anginosus-Gruppe“

 

Streptokokken der Lancefield-Gruppen A/C/F/G sind meist Mitglieder der so genannten „S. milleri/S. anginosus“-Gruppe, eine Zusammenfassung der Spezies Streptococcus constellatus (subsp. constellatus, subsp. pharyngitis und subsp. viborgensis), Streptococcus intermedius, Streptococcus anginosus (subsp. anginosus und subsp. Whileyi).14 Stämme der S.anginosus-Gruppe sind α-hämolysierend, ß-hämolysierend oder ohne Hämolysevermögen. Sie sind Besiedler des oberen Respirationstraktes, des Intestinaltraktes und Bestandteil der Genitalflora. Erreger von pyogenen abdominalen Infektionen, von Leberabszessen (bes. S. anginosus, S. constellatus; meist polymikrobiell), Urogenitalinfektionen (bes. S. anginosus), Pharyngitis, Infektionen der Kopf- und Hals-Weichgewebe, einer Sepsis meist in Zusammenhang mit einer Wundinfektion,15 selten einer Endokarditis sowie relativ häufig einer Meningitis sowie von Hirnabszessen.16,17,18Ätiologisch bedeutsam für eine Exazerbation können Mitglieder der S. anginosus-Gruppe bei Patienten mit Mukoviszidose sein.19

 

 

Diagnostik

 

Eine Anzüchtung der Erreger aus klinischem Material wie Wundabstrich, Gewebe, Liquor oder Blut ist meist ohne Probleme möglich. Wesentlich ist allerdings die richtige Interpretation des Wachstums im mikrobiologischen Labor und neben der Bestimmung der Lancefield-Gruppe ist eine phänotypische Differenzierung unumgänglich, um eine Einschätzung der klinischen Relevanz des Isolats zu ermöglichen. Ansprechpartner in Sonderfällen ist das NRZ für Streptokokken am Institut für Medizinische Mikrobiologie der RWTH Aachen, Pauwelsstr. 30, 52057 Aachen, Tel. 0241 80 89946, -89510, Fax 0241 8082 483.

 

 

Therapie und Meldepflicht

 

Die Mehrzahl der Stämme ist gegen ß-Laktamantibiotika empfindlich, dennoch sollte auch mit Hinblick auf mögliche Makrolidresistenzen eine Empfindlichkeitstestung durchgeführt werden. Wirksam sind Penicillin V (INFECTOCILLIN, PENICILLIN V-RATIOPHARM u.a.), Ampicillin (AMPICILLIN-RATIOPHARM u.a.), Amoxicillin (AMOXIBETA u.a.), Cefazolin (BASOCEF u.a.), Cefuroxim (CEFUROXIM-RATIOPHARM u.a.) oder Ceftriaxon (ROCEPHIN u.a.). Bei einer Penicillinallergie können alternativ Clindamycin (SOBELIN u.a.) oder Moxifloxacin (AVALOX) verabreicht werden.

Eine Meldepflicht besteht nicht.

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