Ralstonia spp.

Text aus ZCT Heft 5, 2014

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

Mitglieder der Gattung Ralstonia (Familie Burkholderiaceae) sind gramnegative Stäbchenbakterien, sie zählen zur großen Gruppe der so genannten „non-fermenter“. Häufigste beim Menschen nachgewiesene Arten sind Ralstonia pickettii(Pseudomonas bzw. Burkholderia pickettii), R. insidiosaR. taiwanensisR. respiraculi sowie R. mannitolilytica(Pseudomonas thomasii bzw. R. pickettii biovar3), weitere Arten sind R. solanacearum (Pseudomonas solanacearum,Burkholderia solanacearumBacillus solanacearum), R. eutropha, R. basilensisR. gilardiiR. pauculaR. oxalatica,R. campinensis und R. metallidurans. Eine Anzüchtung der bei Menschen vorkommenden Arten auf den üblichen Nährmedien ist aus klinischem Material möglich.

 

Vorkommen, Krankheitsbilder

Vorkommen von Ralstonia spp. in der Umwelt, besonders auf Pflanzen, im Boden sowie im Wasser. R. solanacearumbeispielsweise verursacht durch den Befall des Xylem (Holzteil zum Transport von Wasser und Salzen) bei einer Vielzahl von Nutzpflanzen (z.B. Kartoffeln, Tomaten; insgesamt über 200 Arten) durch die Welkekrankheit einen hohen Ernteausfall mit  entsprechenden kommerziellen Konsequenzen1. Isolation von R. pickettii aus Wasser wie Trinkwasser2, abgefülltem Wasser3, Spülflüssigkeit beim Zahnarzt4 oder gereinigtem Wasser für Laborzwecke5.

Die Pathogenität der Keime ist für den Menschen gering, selten kommt es zu Infektionen bei immunkompetenten Personen. Gefährdet sind in erster Linie Patienten mit Immunsuppression (z.B. hämatologische Grunderkrankungen), Patienten unter Intensivtherapie, Patienten mit Kathetern oder auch Neugeborene. Ursache vieler Infektionen sind kontaminierte Flüssigkeiten6,7,8, auch weil Ralstonia-Zellen die 0,2 µm-Filter zur Sterilfiltration passieren. Die Bakterien können darüber hinaus beispielsweise in Chlorhexidin-Lösungen überleben und sich dort vermehren9. Über falsch positive Nachweise aus Blut und Punktaten in Blutkulturflaschen als Folge einer Kontamination der Verschlüsse mit R. pickettii wurde berichtet10. Nosokomiale Infektionen einschließlich Sepsis in Zusammenhang mit kontaminierten Flüssigkeiten (Ausbruchsgeschehen) oder besiedelten intravenösen Kathetern sind möglich11,12,13, ebenso das Auftreten von Bakteriämien bei hämatologisch-onkologischen Patienten oder nach Knochenmarktransplantation14. Zur Vermeidung unnötiger Therapien ist es jedoch wesentlich, jeden Nachweis von R. pickettii mit Vorsicht zu interpretieren und die klinischen Daten der betroffenen Patienten zu berücksichtigen. Bei Patienten mit Mukoviszidose kann R. pickettii zu einer chronischen Infektion der Atemwege oder zu einer Pneumonie führen13,15. Auch R. insidiosa wurde aus der Umwelt16, aus Wasser für Laborzwecke17 oder Trinkwassersystemen18 sowie bei Patienten mit Mukoviszidose isoliert. Bei Patienten mit zystischer Fibrose können R. respiraculi bzw. R. taiwanensis ebenfalls aus dem Respirationstrakt angezüchtet werden19,20.

R. mannitolilytica kann Ursache von Bakteriämien oder Bakteriurien durch eine Infektion mit kontaminierten Flüssigkeiten sein21,22. Ein Ausbruch durch Kontamination eines Gerätes zur Anwärmung und Befeuchtung von Sauerstoff (Vapotherm 2000i) mit 38 betroffenen Kindern in den USA ist beschrieben, bei acht Kindern wurde der Nachweis als Infektion gewertet23. Die Isolate eines ähnlich gelagerten Ausbruchs in Israel im Jahr 2011 waren auf molekularer Ebene nicht von den amerikanischen Ausbruchstämmen zu unterscheiden24. Weitere Isolation vonR. mannitolilytica bei Patienten mit Meningitis und Infektion eines Haemoperitoneums25, Infektionen bei Patienten mit Nierentransplantation26 sowie bei Erkrankung an Mukoviszidose27. In seltenen Fällen wird der Erreger bei Personen mit COPD nachgewiesen, wobei die klinische Relevanz ungeklärt bleibt28.

 

Diagnostik

Eine Anzüchtung der Erreger aus Material der unteren Atemwege, Urin, Liquor oder Blut ist meist ohne Probleme möglich. Wesentlich ist allerdings die sorgfältige Diagnostik im Labor, da die Identifikation von Ralstonia spp. über den Nachweis biochemischer Reaktionen zu Fehldiagnosen führen kann. Wenn möglich sollten daher Methoden wie MALDI-TOF29 oder eine 16s ribosomale DNA PCR30eingesetzt werden.

 

Therapie und Meldepflicht

Eine antibiotische Therapie soll nach Antibiogramm erfolgen, viele Stämme sind empfindlich gegen Meropenem (MERONEM), einige Stämme produzieren jedoch eine Carbapenemase (OXA-60)31, Ciprofloxacin (CIPROBAY u. a.), Minocyclin (MINOCYCLIN-RATIOPHARM u. a.), Cefotaxim (CLAFORAN u. a.), Ceftazidim (FORTUM u. a.), Piperacillin (PIPERACILLIN EBERTH u. a.) sowie Cotrimoxazol (COTRIM-RATIOPHARM Ampullen 450). Aktuell wird eine Kombinationstherapie unter Einbeziehung von Ciprofloxacin32 empfohlen.

 

Eine Meldepflicht besteht nicht.

 

 

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