Methicillin- (Oxacillin-) resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)     

Teil 3 (unveränderter Text aus Heft 1, 2013)

 

siehe auch:

 

Teil 1, Heft 5, 2012

 

Teil 2, Heft 6, 2012

 

MRSA: Letalität, Therapieoptionen

 

Letalität

 

Spätestens seit der von Cosgrove et al.1 publizierten Metaanalyse im Jahr 2003 wird eine Diskussion darüber geführt, ob eine Infektion mit MRSA im Vergleich zu einer Infektion mit Methicillin-sensiblen Staphylokokken mit einer erhöhten Letalität einhergeht. Zu dieser Fragestellung existieren zahlreiche weitere Publikationen mit unterschiedlichen Ergebnissen. So konnte beispielsweise in einer deutschen Untersuchung bei Patienten mit Hämodialyse und S.aureus-Bakteriämie kein Unterschied in der Letalität gefunden werden (30,9% MSSA vs. 32,1 MRSA).2

 

Drei Faktoren spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle:

(i) adäquate empirische Therapie,

(ii) minimale Hemmkonzentration von Vancomycin sowie

(iii) Gesundheitszustand des Patienten:

 

(i) Im Unterschied zu Studien, welche die Gesamtheit aller S. aureus-Infektionen (MRSA, MSSA) einschließlich S. aureus-Bakteriämien betrachteten3, war es in einer retrospektiven Studie, in der nur MRSA-Bakteriämien untersucht wurden, möglich, spezifische Risikofaktoren der Letalität herauszuarbeiten. Hierzu zählten die inadäquate empirische Therapie, Beteiligung der Herzklappen, antibiotische Therapie innerhalb von 30 Tagen zuvor, septischer Schock am Krankheitsbeginn sowie körperlicher Zustand. Folglich erscheint es notwendig, frühzeitig einen Erregernachweis einschließlich der Empfindlichkeit gegen Methicillin zu erhalten, um eine adäquate MRSA-Therapie bzw. Therapie mit ß-Laktamantibiotika bei MSSA einleiten zu können und um die Verordnung von Glykopeptiden einzuschränken4.

(ii) Obwohl eine Therapie mit Vancomycin (diverse Handelsnamen) bei MRSA-Bakteriämien noch immer den therapeutischen Eckstein darstellt, existieren Publikationen, die eine erhöhte Letalität bei verminderter Empfindlichkeit gegen Vancomycin zeigen5. Dieser Zusammenhang wurde in einer jüngst publizierten Metaanalyse nochmals bestätigt.6 Ähnliche Daten hatten zuvor mit dazu beigetragen, den klinischen Grenzwert von ≤ 4mg/l auf ≤ 2mg/l herabzusetzen7, wobei festzuhalten ist, dass auch bei diesem breakpoint und einer MHK von <1 bis 2 mg/l das relative Risiko zu versterben bei 1,21 (95% CI 1,03-1,43) und für ein Therapieversagen bei 1,67 (95% CI 1,26-2,21) liegen.8 Andere Untersuchungen können diese Korrelation allerdings nicht bestätigen.9,10

(iii) Ein dritter Faktorenkomplex, welcher den Erfolg einer Therapie mit beeinflusst, ist der körperliche Zustand des Patienten bzw. seine Herkunft. Wichtig sind hier eine bestehende Niereninsuffizienz bzw. eine Leberzirrhose, die Notwendigkeit einer Therapie mit vasopressorisch wirksamen Arzneimitteln oder die Unterbringung in einem Pflegeheim.11

 

Therapieoptionen

 

Nach wie vor stellt Vancomycin bei schweren MRSA-Infektionen den therapeutischen Goldstandard dar. Dennoch ist zu bedenken, dass die Gabe von Vancomycin nur zu einer verzögerten Erregerelimination führt und bei erhöhter MHK von >0,5 mg/l therapeutische Misserfolge zunehmen. Die Dosierung sollte 2x15 mg/kg KG/d i.v. betragen. Inwieweit eine Kombination mit Rifampicin (2x450 mg/d i.v. oder p.o.) die Ergebnisse verbessert bleibt offen, zumindest bei nosokomialen MRSA-Pneumonien scheint die Kombination einer Vancomycin-Monotherapie überlegen zu sein.12 Ein weiterer Kombinationspartner von Vancomycin ist Fosfomycin (INFECTOFOS) mit einer Dosierung von 3 x 5 g/d i.v..

 

Eine Alternative zu Vancomycin ist Linezolid (2 x 600 mg/d p.o., i.v.) möglicherweise bei MRSA-Pneumonien13 oder Infektionen des ZNS.14 Auch bei MRSA-Endokarditis15 stellt es eine therapeutische Option dar, eine weitere Indikation ist die Therapie schwerer Haut- und Weichgewebeinfektionen. Besonders zu beachten sind hämatologische Nebenwirkungen (vgl. ZCT 2001; 22:42-44, Linezolid).

 

Daptomycin (CUBICIN) ist ebenfalls zur Therapie von schweren Haut- und Weichgewebeinfektionen in einer Dosierung von 4 mg/kg KG/d i.v. zugelassen ebenso wie bei einer gleichzeitig bestehenden MRSA-Bakteriämie oder einer Rechtsherzendokarditis in der erhöhten Dosierung von 6 mg/kg KG/d i.v.. Offensichtlich sind bei komplizierten Infektionen wie einer Linksherzendokarditis für eine erfolgreiche Therapie mit Daptomycin weitaus höhere Dosierungen von bis zu 10 mg/kg i.v. erforderlich16, d.h. es handelt sich in diesen Fällen um einen off-label Einsatz. Daptomycin ist nicht geeignet zur Behandlung von pulmonalen Infektionen; wegen möglicher Myotoxizität muss die Creatininkinase kontrolliert werden (vgl. ZCT 2006; 27:34-35, Daptomycin).

 

Tigecyclin (TYGACIL) kann insbesondere bei Mischinfektionen (schwere Haut- und Weichgewebeinfektionen, Peritonitis) in einer Initialdosierung von 100 mg gefolgt von 50 mg in 12-stündlichen Abständen verordnet werden17 (vgl. ZCT 2006; 27:24-26; Tigecyclin).

 

Klassische ß-Laktamantibiotika sind per se bei MRSA nicht wirksam, Ausnahmen bilden jedoch zwei neue Cephalosporine [Ceftobiprol (noch nicht im Handel), Ceftarolin (ZINFORO)], die eine hohe Affinität für PBP2a besitzen18,19, allerdings wurden bereits erste Resistenzen gegen Ceftarolin beschrieben.20 Ceftarolin ist seit 2012 für die Indikationen komplizierte Haut- und Weichgewebsinfektionen sowie ambulant erworbene Pneumonie zugelassen (vgl. ZCT 2012:33:54-55, Ceftarolin).

 

Bei leichten MRSA-Infektionen, wie unkomplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen, können entweder 2 x 100 mg/d Doxycyclin p.o., i.v. (diverse Handelsnamen) oder 2 x 960 mg/d Cotrimoxazol p.o., i.v. (diverse Handelsnamen) eine kostengünstige Alternative darstellen.

 

  1. COSGROVE, S.E. et al.
    Clin Infect Dis, 2003; 36: 53-59
  1. GREINER, W. et al.
    Clin Microbiol Infect, 2007 13: 264-8
  2. SCHWEIZER, M.L. et al.
    PLoS ONE, 2010; 5: e11432
  3. PAUL, M. et al.
    J Antimicrob Chemother, 2010; 65: 2658-2665
  4. SAKOULAS, G. et al.
    J Clin Microbiol, 2004; : 2398-402
       
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  5. JACOB, J.T., DIAZGRANADOS, C.A.
    Int J Infect Dis, 2013; 17:e93-e100

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  6. TENOVER, F.C. & MOELLERING, R.
    Clin Infect Dis, 2007; 44: 1208-15
  7. MAVROS, M.N. et al.
    Int J Antimicrob Agents, 2012; 40:496-509
  8. LODISE, T.P. et al.
    Antimicrob Agents Chemother, 2008; 52: 3315-20
  9. SORIANO, A. et al.
    Clin Infect Dis, 2008; 46: 193-200
  10. PASTAGIA, M. et al.
    Emerg Infect Dis, 2012; 18: 1072-1080

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  11. JUNG, Y.J. et al.
    Crit Care Med, 2010; 38: 175-80
  12. WUNDERINK, R.G. et al.
    Clin Infect Dis, 2012; 54: 621-9
  13. SIPAHI, O.R. et al.
    Scand J Infect Dis, 2011; 43: 757-64
  14. LAURIDSEN, T.K. et al.
    Eur J Clin Microbiol Infect Dis, 2012, 31: 2567-74
  15. DOHMEN, P.M. et al.
    J Antimicrob Chemother, 2013; 68: 936-942

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  16. BODMANN, K.-F. et al.
    Chemotherapy 2012; 58: 282-94
  17. HEBEISEN, P. et al.
    Antimicrob Agents Chemother 2001; 45: 825-836
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  18. BIEK, D. et al.
    J Antimicrob Chemother 2010; 65 Suppl 4: iv9-16

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  19. MENDES, R.E. et al.
    J Antimicrob Chemother 2012; 67: 1321-1324

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Ergänzung 2017

 

Die WHO hat Ende Februar 2017 eine Liste von bakteriellen Krankheitserregern publiziert, die aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz eine Bedrohung darstellen.  Die Dringlichkeit des  Bedarfs für neue Antibiotika zur Therapie von Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus wird auf dieser Liste als "hoch" eingestuft.

 

WHO, 27. Februar 2017; www.who.int

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