Methicillin- (Oxacillin-) resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)

Teil 2 (unveränderter Text aus Heft 6, 2012)

 

siehe auch:

 

Teil 1, Heft 5, 2012

 

Teil 3, Heft 1, 2013

 

 

MRSA: Diagnostik und Übertragungsdynamik

 

MRSA-Nachweis

Prinzipiell existieren gegenwärtig zwei Nachweismethoden:

1. molekularbiologischer Nachweis mittels PCR

2. kulturbasierte Methoden

 

Molekularbiologischer Nachweis

 

Mit dieser Methode wird primär das mecA-Gen nachgewiesen, wobei dieses nicht nur bei MRSA-Stämmen, sondern auch bei Methicillin-resistenten Koagulase-negativen Staphylokokken (MRSE) gefunden wird. Es ist daher notwendig über ein weiteres Merkmal sicherzustellen, dass es sich um S.aureus handelt. Hierzu dient ein konservierter Genabschnitt genannt orfX, ein sogenannter „open reading frame“ in unmittelbarer Nähe von SCCmec. Mit molekularbiologischen Methoden werden nicht nur lebende, sondern auch tote Bakterienzellen nachgewiesen. So waren beispielsweise von 1906 Proben 303 MRSA-PCR-positiv, in der Kultur 141, wovon 22% MSSA-Stämme waren.1 Neben der Spezifität der PCR muss auch die Sensitivität kritisch hinterfragt werden. Die genetische Variabilität des bakteriellen Genoms führt letztlich dazu, dass MRSA-Stämme nicht detektiert werden und so möglicherweise Ausbrüche mit neuen MRSA-Varianten über längere Zeit unentdeckt bleiben;2 dieses gilt insbesondere, wenn eine parallele Kultur der Untersuchungsmaterialien nicht durchgeführt wird. Auch ohne Auftreten von neuen genetischen Varianten ist die Sensitivität kommerzieller PCR-Teste in klinischen Studien mit  60-70% erschreckend niedrig.3, 4

Obwohl laufend neue Gen-Sequenzen beschrieben werden, wird zudem eine rasche Integration in kommerzielle PCR-Teste, wie sie an vielen Krankenhäusern ohne eigene Mikrobiologie eingesetzt werden, nicht realisierbar sein.

Ein häufig vorgebrachtes Argument für den Einsatz molekularer MRSA-Nachweismethoden ist die relativ kurze Analysendauer von wenigen Stunden. Die Vorstellung ist, MRSA-positive Patienten bereits bei Aufnahme in das Krankenhaus zu erfassen, um entsprechende Isolationsmaßnahmen zur Vermeidung der Entstehung nosokomialer Infektionen einleiten zu können. Obwohl diese Argumentation auf den ersten Blick schlüssig erscheint, sollte die Entscheidung zur Etablierung dieser Methode für jedes Haus sehr kritisch abgewogen werden. Auch wenn die Analysenzeit eines einzelnen Testes unter zwei Stunden betragen kann, stellt die apparative Ausstattung einen möglichen limitierenden Faktor dar, der bei Anfall mehrerer Proben zu einer Gesamtanalysenzeit von über zehn Stunden führt. Durch die geringe Sensitivität der Methode entsteht zusätzlich ein falsches Gefühl der Sicherheit, was bei weniger geschulten Mitarbeitern dazu führen kann, relevante Hygienemaßnahmen zu vernachlässigen.

 

Kulturbasierte Methoden

 

Der klassische Kulturansatz unter Verwendung chromogener Medien, eines bluthaltigen Selektivagars sowie einer Anreicherungsbouillon, stellt auch heute noch den „Goldstandard“ dar. Chromogene Medien5 erleichtern die Detektion verdächtiger Kolonien und erlauben schon nach 18 bis 24h eine definitive Diagnose über den Nachweis der spezifischen S.aureus-Oberflächenantigene, der Koagulase sowie des PBP2a über Agglutinationsschnellteste. Der negative prädiktive Wert bei diesem Vorgehen beträgt nach 24 Stunden ca. 97%. Dies bedeutet, dass nur in seltenen Fällen die Kulturen einschließlich der Anreicherungsbouillon später als 24 Stunden positiv werden. Es handelt sich dann überwiegend um Patienten, mit niedriger Keimdichte und damit einer geringen Übertragungswahrscheinlichkeit (s.u.). Neben den konventionellen Kulturverfahren befinden sich augenblicklich kulturbasierte Schnellverfahren in der Erprobung, die innerhalb von sechs Stunden MRSA-Stämme zuverlässig detektieren können. Falls sich die ersten Ergebnisse bestätigen sollten, bestünde darin eine Alternative zu molekularbiologischen Methoden, zumal die Analysenkosten signifikant niedriger lägen.

 

Übertragungsdynamik von MRSA-Stämmen von Mensch zu Mensch

 

Erstaunlicherweise gibt es zu diesem Thema nur wenige Untersuchungen, obwohl dies doch eine eminent wichtige Bedeutung hat bei der Entscheidung zur Durchführung von präventiven Maßnahmen hinsichtlich Screening  (wobei die Übertragungsrate von der Untersuchungsmethode PCR bzw. Kultur unabhängig ist),6 sowie Präventivmaßnahmen in Bezug auf die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung. Je eine Untersuchung aus Kanada7 und England8 zeigt bei Isolation der Patienten Übertragungsraten von 0,0013 und 0,0044 pro Tag, bei fehlender Isolation von 0,0041 und 0,0049 pro Tag. Bei Betrachtung dieser Übertragungsraten wird deutlich, dass es bei Einhaltung der Basishygiene über einen Zeitraum von 24 Stunden bis zum Nachweis eines MRSA-Trägertums zu keiner signifikanten Erhöhung von sekundär betroffenen Patienten kommen wird.

 

1. VAN DER ZEE, A. et al.
BMC Research Notes 2011; 4: 150

 

2. García-Álvarez, L. et al.
Lancet Infect Dis 2011; 11: 595-603
 

3. VAN DER ZEE, A. et al.
BMC Research Notes 2011; 4: 150
 

4. ROISIN, S. et al.
Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2012; 31: 873-880
 

5. LAURENT, C. et al.
Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2010; 29: 995-1002
 

6. VAN HOECKE et al.
Eur J Clin Microbiol Infect Dis2011; 30: 1595-1598
 

7. HALL, I.M. et al.
J R Soc Interface 2012; 9: 2639-2652
 

8. BRACCO, D. et al.
Intensive Care Med 2007; 33: 836-840
 

9. JEYARATNAM, D. et al.
BMJ 2008; 336: 927-930
 

 

Ergänzung 2017

 

Die WHO hat Ende Februar 2017 eine Liste von bakteriellen Krankheitserregern publiziert, die aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz eine Bedrohung darstellen.  Die Dringlichkeit des  Bedarfs für neue Antibiotika zur Therapie von Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus wird auf dieser Liste als "hoch" eingestuft.

 

WHO, 27. Februar 2017; www.who.int

 

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