Listeria spp.

(aus ZCT 3-2009)

 

 

Listeria Spezies

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

Listerien sind grampositive, bei Temperaturen <20°C bewegliche Stäbchenbakterien. Wichtigster menschenpathogener Vertreter,ist L.monocytogenesselten werden bei menschlichen Infektionen  L.seeligeri,   L.ivanovii,  L.welshimeri und L.innocua nachgewiesen. Von L.monocytogenes sind 13 Serovare auf der Basis von O- und H-Antigenen bekannt, häufig sind die Serovare 1/2a, 1/2b und 4b. Das Wachstum der Erreger erfolgt innerhalb eines breiten Temperaturbereichs von -0,4°C bis +45°C, hierdurch entsteht ein Selektionsvorteil bei Lagerung von Lebensmitteln im Kühlschrank.

 

 

Epidemiologieä

 

L.monocytogenes kommt weltweit bei vielen Tierarten, auch bei Haustieren vor. Die Keime werden in die Umwelt ausgeschieden und können dort lange überleben. Wichtigste Infektionsquellen für den Menschen  sind Nahrungsmittel  wie Milch und Milchprodukte (bes. Weichkäse), Fleisch und Wurst sowie rohes Gemüse (z.B. Krautsalat).1 Listeriosen werden beim Menschen sporadisch diagnostiziert, doch immer wieder kommt es zu örtlichen und zeitlichen Häufungen von Infektionen, meist als Folge des Verzehrs kontaminierter Lebensmittel (Käse, z.B. Harzer Roller und andere Milchprodukte, Fleisch). Durch die Eigenschaft, intrazellulär zu persistieren, ist es bei einer hohen Ausgangszahl von Erregern in der Rohmilch möglich, dass ein kleiner Teil die Pasteurisation überlebt. Durch die anschließende Lagerung bei 4°C ergibt sich ein relativer Selektionsvorteil der Listerien gegenüber anderen Keimen. Eine Ausscheidung von L.monocytogenes ist im Stuhl, Urin oder Lochialsekret möglich, der Nachweis gelingt auch auf der Haut und auf Schleimhäuten, daher besteht die Möglichkeit einer Übertragung auf andere Personen. Nach IfSG wurden 2008 insgesamt 307 Fälle gemeldet – das waren weniger als in den Jahren zuvor, in denen ein Anstieg zu verzeichnen war. 

 

 

Pathogenese, Krankheitsbild

 

Listerien sind intrazellulär gelagert, eine Vermehrung erfolgt auch in Parenchymzellen (z.B. in Leber- und Nervenzellen). Die wichtigsten Virulenzfaktoren sind Listeriolysin O und Phospholipase C, die ein intrazelluläres Wachstum sowie eine intrazelluläre Ausbreitung ermöglichen. Die Aufnahme der Erreger erfolgt über den Gastrointestinaltrakt. Besonders gefährdet durch Listerien sind immunsupprimierte Patienten (Malignome, Steroidtherapie, Leukosen, T-Zell-Defekte, Alkoholkrankheit, Leberzirrhose), Personen in höherem Lebensalter (>65 Jahre), Schwangere und Neugeborene. Die Erreger besitzen offensichtlich eine Affinität zur Plazenta bzw. zu den Meningen.

Erkrankungen treten etwa ein bis sieben Tage nach Erregeraufnahme (Spanne 3 bis 70 Tage) auf. Die Angaben zur Letalität schwanken zwischen etwa 9% und 28%. 

Infektionen durch L.monocytogenes außerhalb einer Schwangerschaft sind in Deutschland Meningitis,  Meningoenzephalitis und Rhombenzephalitis mit ataktischen Bewegungen (32%), Fieber (31%), Septikämie (26%), lokalisierte Infektionen anderer Organe (9%), Abszesse (4%), Endokarditis (3%) sowie Gelenkinfektion (1%).2 Bei Schwangeren sind die häufigsten klinischen Symptome Frühgeburt (33%), Fieber (31%), „Grippegefühl“ (16%) sowie Fehl- oder Totgeburt (13%). Der Verlauf bei Neugeborenen in den ersten fünf Lebenstagen erfolgt als Granulomatosis infantiseptica (Frühinfektion transplazentar); nach dem 5. Lebenstag (Spätinfektion unter der Geburt, postnatal) verläuft die Infektion als Meningitis, Enzephalitis oder in Form einer Hepatosplenomegalie.

Bei nicht-immunsupprimierten Personen kann eine hohe Bakterienzahl in Lebensmitteln zu einer nicht-invasiven Form der Listeriose führen, welche sich uncharakteristisch mit grippeähnlichen Symptomen äußert (Angina, Kopfschmerz) oder als fieberhafte Gastroenteritis verläuft.3,4 Die Inkubationszeit beträgt etwa 24 Stunden (18-28h).

 

 

Diagnostik

 

L.monocytogenes kann in mikrobiologischen Proben von Liquor, Blut, Fruchtwasser, Lochialsekret, Stuhl, Vaginalabstrichen sowie im Mekonium von Neugeborenen nachgewiesen werden, spezielle Medien sind außer bei Stuhl nicht notwendig. Dennoch empfiehlt es sich, bei entsprechend disponierten Patienten den Mikrobiologen auf die Möglichkeit einer Listeriose hinzuweisen.

 

 

Therapie, Prävention, Meldepflicht

 

Die klassische Therapie einer Listeriose ist die Kombination von Ampicillin  (AMPICILLIN RATIOPHARM u.a.) plus Gentamicin  (REFOBACIN u.a.). Alternativen sind Cotrimoxazol (COTRIM-RATIOPHARM u.a.) oder Vancomycin (VANCOMYCIN LEDERLE u.a.). In schweren Fällen wird eine Kombination mit Rifampicin (EREMFAT u.a.) empfohlen; bei Hirnabszessen auch Linezolid (ZYVOXID) plus Rifampicin.5 Die Therapiedauer ohne ZNS-Beteiligung beträgt mindestens zwei Wochen, mit ZNS-Beteiligung drei Wochen. CAVE: Listerien sind gegen Cephalosporine resistent, daher bei Meningitis/Enzephalitis mit unbekanntem Erreger und Risiko für eine Listeriose in der kalkulierten Therapie eine Kombination aus z.B. Ceftriaxon (ROCEPHIN u.a.) plus Ampicillin verabreichen.

Eine Expositionsprophylaxe sollte besonders beim Umgang mit Lebensmitteln erfolgen, ähnlich wie bei Salmonellose; wichtig vor allem bei Immunsupprimierten und Schwangeren: Fisch- und Fleischgerichte gründlich durchbraten, kein Verzehr von Rohmilch oder Rohmilchprodukten, Weichkäse, Rohkostsalaten, Räucherfisch.  Im geburtshilflichen Bereich ist auf Isolation und die Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen zu achten! Meldepflicht für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Materialien sowie aus Abstrichen von Neugeborenen.

 

 

1.      N.N. Listeriose. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten (März 2003)

2.      KOCH, J. und STARK, K. Euro Surveill 2006; 11: 85 - 88

3.      MIETTINEN, M.K. et al. J Clin Microbiol 1999; 37: 2358 - 2360

4.      AURELI, P. et al. N Engl J Med 2000; 342: 1236 - 1241

5.      LORBER, B. et al. Clin Infect Dis 2005; 41: 419

 

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