Helicobacter pylori

Text aus Heft 1, 2008

Ergänzungen am Ende des Textes

 

Morphologie und Kultur

 

Helicobacter pylori gehört zur Gruppe der spiralförmigen (helikalen) Bakterien. Es handelt sich um gramnegative, bewegliche Stäbchenbakterien mit unipolarer Begeißelung, die mikroaerophil sind. Die Kultivierung der Bakterien erfolgt auf Spezialnährböden über 3 bis 4 Tage in einer Atmosphäre, die 80% N2, 10% H2 und 10% CO2 enthält. Helicobacter wächst in gräulich-glasigen Kolonien.

 

Epidemiologie

 

Hauptwirt von H. pylori ist der Mensch, wo er sich mit Hilfe spezialisierter Haftstrukturen in der Magenschleimhaut ansiedelt. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist mit H. pylori infiziert. Die Übertragung erfolgt wahrscheinlich auf oralem oder fäkal-oralem Weg. Bei Menschen, die unter schlechten hygienischen Bedingungen leben, kann die Infektionsrate bis zu 100% betragen. Familienmitglieder sind häufig mit demselben Stamm infiziert. Die Infektion wird meist bereits im Kindesalter erworben und kann ohne Therapie über Jahrzehnte andauern.

Die Infizierten entwickeln das klinische Bild einer chronisch-aktiven Gastritis (Typ-B-Gastritis), die bei den meisten Patienten asymptomatisch oder mit uncharakteristischen Oberbauchbeschwerden verläuft. Bei 10-20% der Infizierten kommt es zu Folgekrankheiten (Ulkuskrankheit, Magenschleimhautatrophie, MALT-Lymphom, Magen-karzinom), die mit erheblicher Morbidität und Mortalität assoziiert sind. Die Zahl der Todesfälle durch Magenkarzinome, die weltweit durch H. pylori-Infektion verursacht werden, wird mit 500.000 pro Jahr angegeben. Dabei ist Tendenz in den westlichen Industrienationen rückläufig.

 

Pathogenese und Krankheitsbilder

 

Die Erreger müssen kurzzeitig im sauren Milieu des Magenlumens überleben bevor sie das fast neutrale Milieu der Magenschleimhaut erreichen. Hierfür ist das Enzym Urease wichtig, das durch Spaltung von Harnstoff in Ammoniak und CO2 die Magensäure neutralisiert. H. pylori können sich mit langen Proteinfäden und aufgrund der Spiralform gut im viskösen Magenschleim bewegen. Mit Hilfe von Sensorproteinen erreichen sie die Magenschleimhaut. Während die Mehrzahl der Bakterien knapp oberhalb der Epithelzellen ein schwimmendes Reservoir bildet, gelingt es einem Teil der Bakterien, sich mittels spezieller Adhäsine fest an die Epithelzellen anzuheften. Die meisten Patienten tragen einen individuellen Infektionserreger. Diese Vielfalt ist auf eine hohe Mutationsrate und die Fähigkeit von Helicobacter zurückzuführen, DNA-Fragmente mit gleichzeitig kolonisierenden Stämmen auszutauschen.

 

Eine Invasion von Bakterien in Epithelzellen wird selten beobachtet. Die Schleimhautschädigung resultiert aus der direkten Wirkung bakterieller Toxine und der chronischen Entzündungsreaktion der Magenschleimhaut. Das vakuolisierende Zytotoxin VacA wird etwa von der Hälfte aller H. pylori-Stämme produziert. Ein weiterer Virulenzfaktor ist das CagA-Protein, das nach Anheftung an Epithelzellen in die Zellen injiziert wird. Das CagA-Protein löst Änderungen intrazellulärer Signalvorgänge aus, die zu veränderten Migrations- und Wachstumseigenschaften der Zellen führen. Es gibt Hinweise, dass das CagA-Protein an der Tumorentstehung beteiligt ist. Es wird daher als bakterielles Onkoprotein bezeichnet. Die Anheftung von H. pylori an die Zellen führt zu einer vermehrten Freisetzung von Interleukin 8 im Magenepithel, das vermehrt Granulozyten anlockt. Weitere Entzündungsmediatoren, die vermehrt gebildet werden, sind die Interleukine 1-b, 2 und 6 sowie Tumor-Nekrosefaktor a. Häufig werden auch Antikörper gegen die Parietalzellen gebildet.

 

Diagnostik

 

Es stehen invasive und nicht-invasive Verfahren zur Verfügung. Urease-Schnelltest, histologischer Nachweis, Kultur sowie molekularbiologische Methoden erfordern eine Gastroskopie. Beim Urease-Schnelltest wird Biopsiematerial in ein Urease-Testmedium eingebracht. Der Nachweis des Erregers erfolgt über den Farbumschlag eines Indikators. Die nicht-invasiven Verfahren umfassen den 13C-Harnstoff-Atemtest, den H. pylori-Stuhlantigen-ELISA sowie die Serologie. Falls die klinische Symptomatik mit einer H. pylori-Infektion vereinbar ist und die Indikation für eine endoskopische Untersuchung besteht, reicht es für antibiotisch nicht vorbehandelte Patienten aus, den Erregernachweis über den Urease-Schnelltest oder die histopathologische Untersuchung zu führen. Wenn keine endoskopische Untersuchung durchgeführt wird, kann der Nachweis einer H. pylori-Kolonisation über eines der nicht-invasiven Verfahren geführt werden. Der kulturelle Nachweis mit Antibiogramm ist nicht erforderlich, da die Erreger bei dieser Patientengruppe vergleichsweise selten gegen die primär eingesetzten Antibiotika resistent sind. Für eine ggf. erforderliche Verlaufskontrolle kommen der Stuhlantigen-ELISA oder 13C-Harnstoff-Atemtest in Betracht. Die serologische Untersuchung ist hier wegen der Antikörperresistenz nicht geeignet.

Bei erfolglos vorbehandelten Patienten finden sich bereits nach dem ersten Therapieversuch signifikant häufiger resistente Erreger als bei unbehandelten Patienten. Daher ist hier, wenn möglich, die Kultivierung der Erreger aus der Magenbiopsie anzustreben, um eine Empfindlichkeitstestung zu ermöglichen.

 


Therapie
 

In der Standardtherapie wird ein Protonenpumpeninhibitor (PPI) mit zwei Antibiotika kombiniert (Dreifachtherapie). Bei nicht vorbehandelten Patienten wird die Behandlung eines PPI (2mal tägl. Standarddosis) mit Clarithromycin (BIAXIN u.a.; 2mal tägl. 250 mg) plus Metronidazol (diverse Warenzeichen; 2mal tägl. 400 mg) oder Clarithromycin (2mal tägl. 500 mg) plus Amoxicillin (diverse Warenzeichen; 2mal tägl. 1 g) für eine Woche empfohlen. Mit beiden Therapieschemata werden Eradikationsraten von >90% erreicht. Zur empirischen Behandlung nach erfolgloser Vorbehandlung ohne Kenntnis der Erregerempfindlichkeit stehen die Vierfachtherapie eines PPI (2mal tägl. Standarddosis) mit Wismutsalz (4mal tägl.) plus Tetrazyklin (4mal tägl. 500mg) plus Metronidazol (3mal tägl. 400 mg) und die Amoxicillin-Hochdosistherapie mit 3mal tägl. 1g plus 40 mg Omeprazol 3mal tägl. zur Verfügung. Bei bekannter Erregerempfindlichkeit können die Antibiotika gezielt eingesetzt werden.

 

 

Ergänzung 2017

 

Die WHO hat Ende Februar 2017 eine Liste von bakteriellen Krankheitserregern publiziert, die aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz eine Bedrohung darstellen.  Die Dringlichkeit des  Bedarfs für neue Antibiotika zur Therapie von Infektionen durch Clarithromycin-resistente Helicobacter pylori wird auf dieser Liste als "hoch" eingestuft.

 

WHO, 27. Februar 2017; www.who.int

 

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