Enterococcus faecium

(aus Heft  4, 2005; Ergänzungen am Ende des Textes)

 

Morphologie, Kultur

 

Enterococcus faecium ist koloniemorphologisch nahe mitEnterococcus faecalis verwandt. Alle Enterokokken haben das Gruppenantigen D, dabei handelt es sich um eine in der Zellwand lokalisierte Glyzerophosphat-Teichonsäure. E. faecium wächst auf Schafblut-Agar mit einer deutlichen Vergrünung (a-Hämolyse), während E. faecalis meist nicht hämolysierend ist.

 

 

Pathogenese und Krankheitsbilder

 

Das Hauptreservoir ist der Gastrointestinaltrakt von Mensch und Tier. E. faecium besitzt offenbar eine geringere Pathogenität als E. faecalis. Die für E. faecalis beschriebenen Virulenzfaktoren konnten bei E. faecium nur teilweise nachgewiesen werden. Infektionen durch E. faecium betreffen vor allem Patienten mit Abwehrschwäche (Hämatologie, Onkologie, Transplantationschirurgie, Nephrologie). Sie treten insbesondere bei Patienten mit längerem Krankenhausaufenthalt und/oder unter einer E. faecium-selektierenden Antibiotikatherapie auf. In den letzten Jahren hat der Anteil von E. faecium an allen Enterokokken-Infektionen deutlich zugenommen. Hauptursache für diese Beobachtung dürfte sein, dass E. faecium häufiger gegen Antibiotika resistent ist als E. faecalis.

 

Diagnostik

 

Die Differenzierung zwischen E. faecium und E. faecaliserfolgt auf der Basis von biochemischen Merkmalen wie der Spaltung verschiedener Zucker. Die Bestimmung der Antibiotikaempfindlichkeit ist von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu E. faecalis hat bei E. faecium die Resistenz gegen Ampicillin (BINOTAL u.a.) in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Bei dem Resistenzmechanismus handelt es sich um Veränderungen in den Penicillin-Bindeproteinen, den Zielstrukturen für b-Laktamantibiotika. Die Resistenz gegen Glykopeptide hat sich ebenfalls ausgebreitet.

 

 

Therapie

 

Aufgrund der natürlichen und erworbenen Resistenz stehen zur Behandlung von E. faecium-Infektionen nur wenige Antibiotika zur Verfügung. Die bei E. faecalis-Infektionen bewährte Kombination aus Ampicillin und einem Aminoglykosid [Gentamicin (REFOBACIN u.a.), Streptomycin (STREPTOFATOL u.a.)] kommt in den meisten Fällen nicht in Betracht. Bei Vorliegen einer Ampicillin-Resistenz und/oder Hochresistenz gegen Aminoglykoside (MHK von Gentamicin und Streptomycin > 500 mg/l bzw. > 1.000 mg/l) versagt die ansonsten bewährte synergistische Wirkung der Kombination. Carbapeneme sowie Fluorchinolone sind zumeist ebenfalls nicht ausreichend wirksam.

 

Bei schweren Infektionen wie der Endokarditis wird ein Glykopeptid [Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY u.a.), Teicoplanin (TARGOCID)] in Kombination mit Gentamicin oder Streptomycin empfohlen. Allerdings stellt die Resistenz gegen Glykopeptide inzwischen auch in Deutschland ein Problem dar. Alternativen bei Resistenz gegenüber beiden Glykopeptiden sind Linezolid (ZYVOXID) und Quinupristin/Dalfopristin (SYNERCID), wobei letzteres nur gegen E. faecium wirksam ist. Eine Reihe von Stämmen ist auch noch empfindlich gegenüber Cotrimoxazol (EUSAPRIM u.a.) und Rifampicin (RIFA u.a.). Rifampicin darf nur in der Kombination mit anderen Antibiotika angewendet werden. Cotrimoxazol erwies sich bei der Behandlung der experimentellen Endokarditis als unwirksam. Die Einführung von Daptomycin, das in vitro eine konzentrationsabhängige bakterizide Wirkung aufweist und in den USA bereits erhältlich ist, wird in Europa im kommenden Jahr erwartet.

 

Ergänzung 2006

 

Daptomycin (CUBICIN) ist seit 2006 im Handel. Eine Kurzbeschreibung von Daptomycin finden Sie hier.

 

 

Ergänzung 2017

 

Die WHO hat Ende Februar 2017 eine Liste von bakteriellen Krankheitserregern publiziert, die aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz eine Bedrohung darstellen.  Die Dringlichkeit des Bedarfs für neue Antibiotika zur Therapie von Infektionen durch Vancomycin-resistente Enterococcus faecium wird auf dieser Liste als "hoch" eingestuft.

 

WHO, 27. Februar 2017; www.who.int

 

 

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