Clostridium perfringens

 (aus ZCT 4-2013)

 

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

C.perfringens gehört zur Gattung anaerober unbeweglicher grampositiver Sporenbildner, wobei sich diese Spezies zumindest in Primärkulturen als relativ aerotolerant erweist. Es können 5 Typen (A-E) in Abhängigkeit von der Toxinproduktion unterschieden werden; humanpathogen sind die Typen A und C.

 

 

Epidemiologie

 

C. perfringens ist weltweit verbreitet und kommt gewöhnlich im Erdboden vor, ist jedoch in geringer Zahl auch Besiedler des tierischen und menschlichen Darms. Bei intestinalen Infektionen (Enteritis) mit enterotoxinbildenden Stämmen erfolgt die Übertragung durch Lebensmittel (häufig Fleisch, Geflügel, Saucen); ein Nachweis dieser Stämme gelingt auch bei antibiotikaassoziierter Diarrhö.1 Wegen einer fehlenden Meldepflicht liegen keine exakten Zahlen über Erkrankungen in Deutschland vor.

 

 

Pathogenese, Krankheitsbild

 

Ein Eintritt der Erreger ist möglich über eine Verletzung der Haut oder endogen über die Mukosa des Darmtraktes, die Vermehrung erfolgt rasch mit Bildung unterschiedlicher Toxine. Wesentlich ist bei der Myonekrose das a-Toxin (=Phospholipase C), bei der nekrotischen Enteritis das ß-Toxin. Bei Lebensmittelvergiftungen wird ein hitzelabiles Enterotoxin während der Versporung im Dünndarm gebildet.

Die Interpretation des Nachweises von C. perfringens muss immer zusammen mit dem klinischen Bild erfolgen, so kann der Erreger beispielsweise relativ häufig bei Cholezystitis isoliert werden, ohne dass ein Gasbrand vorliegt. Der typische Gasbrand ist insgesamt selten und zeichnet sich durch eine Myonekrose (bei fehlendem Nachweis von inflammatorischen Zellen!) sowie Gasbildung aus, die Letalität ist mit bis zu 80% hoch!2 Wegweisend sind die im Röntgenbild sichtbaren Auflockerungen der Muskulatur durch Gasbildung sowie ein Knistern bei Druck auf das Gewebe. Allerdings müssen differentialdiagnostisch auch andere Erreger in Betracht (z.B. Escherichia coli) gezogen werden. Am Infektionsort entwickelt sich ein sehr starker Schmerz, es entsteht eine rasch zunehmende pralle Schwellung, die Haut wirkt gespannt und dünn, hämorrhagische Bullae können auftreten. Typisch sind auch Tachykardie, fehlendes Fieber sowie fehlende Bewusstseinsstörung. Der Verlauf kann fulminant sein und innerhalb weniger Stunden zum Tode führen (DD: z.B. Streptokokken-Toxic-Syndrom, Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae). Die Letalität bei Nachweis von C.perfringens in der Blutkultur beträgt etwa 30%,3 Risikofaktoren sind höheres Alter, Hämodialyse, maligne Grunderkrankungen sowie Morbus Crohn. C.perfringens kam auch in aerob-anaeroben Mischinfektionen, wie z.B. Fasciitis necroticans Typ 1 oder bei der Fournier Gangrän nachgewiesen werden. Der Darmbrand (Enteritis necroticans) entsteht bei Menschen im pazifischen Raum meist durch C.perfringens Typ C; häufig nach einer langen Hungerperiode und oder bei Mangel an digestiven Proteasen im Dünndarm (z.B. nach proteinarmer, kohlenhydratreicher Diät) und der Zufuhr hitzestabiler Trypsininhibitoren (aus Süßkartoffeln, Bohnen, Erdnüssen; auch  bei Befall mit Ascaris lumbricoides).4 In Europa und Nordamerika wird bei diesem Krankheitsbild aber auch der Typ A ätiologisch gefunden.5,6 Es werden unterschiedliche Verläufe beschrieben: perakuter Verlauf mit Tod innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen, toxisches Herz- Kreislaufversagen, besonders bei Säuglingen und Kleinkindern aber auch bei Erwachsenen mit malignen Grunderkrankungen; ein akuter Verlauf ist gekennzeichnet durch die Trias unerträgliche, plötzlich auftretende Leibschmerzen (Betonung links vom Nabel), Diarrhö und strikte Nahrungsverweigerung. Weitere typische Symptome sind schwerstes Krankheitsgefühl, Temperaturen um 38°C, starke lokale Hyperalgesie der Haut bei ausgeprägtem lokalem Druckschmerz, Fehlen einer groben Abwehrspannung, blutige Diarrhöen, Petechien der bleichen Haut bei normalen Thrombozytenzahlen, geringe Leukozytose mit deutlicher Linksverschiebung und toxischer Granulation. Bei der leichten Verlaufsform besteht nur eine unspezifische Gastroenteritis (Zufallsbefund bei Sektion). Die Nahrungsmittelvergiftung durch C.perfringens Typ A durch Enterotoxinproduktion verläuft mit Übelkeit (65%), abdominalen Krämpfen (85%), Erbrechen (23%) und Diarrhö (97%); die Erkrankung ist selbstlimitierend mit einer Dauer von ca. 24h.7

 

 

Diagnostik

 

Bei klinischem Verdacht auf Gasbrand ist das Labor unbedingt telefonisch zu verständigen. Die folgenden Maßnahmen sind erforderlich: Untersuchung von Abstrichen, Biopsien, Gewebe, Blut und anderen klinischen Materialien, evtl. Toxinnachweis mittels ELISA im Stuhl. Diagnostisch führend kann ein Gram-Präparat mit Nachweis von grampositiven oder gramlabilen Stäbchenbakterien sein.

 

 

Prävention, Therapie, Meldepflicht

 

Ein sachgerechter Umgang mit Lebensmitteln ist die wichtigste Maßnahme zur Prävention der Enteritis. Häufige Mängel finden sich bei der Kühlung bis zur Verarbeitung, der Aufbewahrung bis zum Verzehr sowie der Küchenhygiene. Wesentlich ist sowohl bei exogener als auch bei endogener Infektion (Gasbrand) der frühzeitige Therapiebeginn mit großzügigem chirurgischen Debridement, sowie die Behandlung mit 3-4x5 Mega/d Penicillin G (PENICILLIN-GRÜNENTHAL u.a.), evtl. Kombination mit 3-4x600mg/d Clindamycin (SOBELIN u.a.) zur Suppression der Bildung von alpha-Toxin,8 wenn möglich, sollte zusätzlich die Anwendung von hyperbarem Sauerstoff erfolgen (HBO). Bei unklarem Befund, wie Abgrenzung zur Fasciitis necroticans Typ 1, kann eine Kombination aus 2x400mg/d Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.) i.v. plus 4x600mg/d Clindamycin plus 4x5 Mega/d Penicillin G versucht werden.

Die Therapie der Enteritis ist symptomatisch mit Ausgleich des Wasser- und Elektrolytdefizits. Bei Enteritis necroticans ist eine Infusionstherapie notwendig, sowie Nahrungskarenz, Drainage des Mageninhalts über eine nasogastrale Sonde, Gabe von Penicillin sowie Bluttransfusionen.

 

 

 

  1. SPARKS, S.G. et al.  J Clin Microbiol 2001; 883-888

 

  1. KAYA, A. et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2002; 21:258-261

 

  1. NORDKILD, P., CRONE, P. Ann Chir Gynaecol 1986; 75:274-279

 

  1. LEAL, J. et al.J Infect, 2008 57:198-203

 

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  1. SOBEL, J. et al. J Am Coll Surg 2005; 20:48-56

 

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