Clostridium difficile

aus ZCT Heft 6, 2013

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

Clostridium difficile ist ein grampositives anaerobes Stäbchenbakterium mit Sporenbildung aus der Gattung Clostridium. C.difficile zeigt eine hohe genetische Variabilität durch einen horizontalen Gentransfer über Transpo­sone und Bakteriophagen.[1] Eine Kultur auf speziellen Nährmedien unter an­aeroben Bedingungen ist möglich.


Epidemiologie

 

Schon 1935 gelang der Nachweis von C.difficile (Bacillus difficilis) als Teil der Normalflora bei 10% der untersuchten Neugeborenen.[2] Nach neueren Daten ist eine Kultur positiv bei 5 bis 63% der gesunden Neugeborenen.[3,4,5,6] Neben der Einnahme eines Protonenpumpen-Inhibitors (p=0,04) stellt in­teressanterweise der Kontakt zu Kindern im Alter von unter einem Jahr für Patienten mit außerhalb des Krankenhauses erworbenen C.difficile-Infek­tionen einen Risikofaktor dar.[7] Die Bakterien lassen sich auch in der unbe­lebten Umwelt, z. B. in Krankenhäusern, nachweisen (10% bzw. 6,4% positive Proben),[8,9] wobei sich in der letztgenannten Studie kein Zusammenhang zwischen den Stämmen aus der Umwelt und den patienteneigenen Stämmen ergab. Eine Isolierung der Bakterien gelingt auch aus Nahrungsmitteln wie Fertigsalat (7,5% der Proben) [10] oder Fleisch (bis zu 20% der Proben). [11] Kühe 4,5% (3 von 67), Schweine 3,3% (2 von 61) oder Geflügel 5% (3 von 59) sind ebenfalls Träger von C.difficile.[12]

Da C.difficile häufig in der Umgebung betroffener Patienten nachgewie­sen werden kann, wird bei Auftreten einer Infektion im Krankenhaus meist von einer nosokomialen Übertragung ausgegangen. Erste Daten aus dem Jahr 2003 wiesen jedoch bereits darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der C.difficile-Stämme nosokomial erworben wird.[13] Neuere Daten stützen diese Annahme. Bei Patienten mit nosokomial erworbener Diarrhö gelang 1282 mal ein C.difficile-Nachweis, jedoch nur etwa bei einem Viertel konnte mittels molekularbiologischer Methoden ein epidemiologischer Zusammen­hang hergestellt werden, [14] welcher auf eine nosokomiale Ausbreitung hin­weisen könnte. Auch die Daten von Eyre et al. zeigen, dass nur bei ca. 35% aller Fälle ein Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Erkrankungsfall bestand.[15]


Pathogenese und Krankheitsbild

 

In der Pathogenese sind zwei Toxine bedeutsam: Toxin A (tcdA) mit direkter Stimulation der Enterozyten und nachfolgender Sekretion von Flüssigkeit sowie Toxin B (tcdB), das für die zytopathischen Effekte verantwortlich ist, die auf einem „pathogenicity locus“ (PaLoc) kodiert sind.[16] Beide Toxine zerstören das Zytoskelett intestinaler Epithelzellen.[17] Bei hypervirulenten Stämmen, z.B. NAP1/O27 wird ein so genanntes binäres Toxin vom AB-Typ (CDT) produziert, welches zur Familie der iota-ähnlichen Clostridien-To­xine zählt.[18,19]

Während der Sporulation im Darm werden die Toxine freigesetzt, welche das Krankheitsgeschehen in Gang setzen. Risikofaktoren für eine Erkrankung sind die Gabe von Antibiotika (acht Tage oder länger), intravenöse Hyperali-mentation sowie die Gabe von Protonenpumpen-Inhibitoren bzw. H2-Blo­ckern.[20] Im Prinzip können alle Antibiotika zu einer Erkrankung über die Veränderung der intestinalen Flora mit Überwucherung durch C.difficile führen, [21] besonders häufig sind jedoch Clindamycin (SOBELIN u.a.), [22] Cephalosporine mit breitem Spektrum, [23,24] sowie Fluorchinolone die Ur­sache. [25] Von besonderer Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen dem Nachweis von Prophagen in Abhängigkeit von Norfloxacin (NORFLOXA­CIN Ratiopharm u.a.) in C. difficile-Zellen und gesteigerter Toxinproduk­tion. [26, 27]

Die erste Beschreibung einer pseudomembranösen Kolitis erfolgte 1893, erst 1977 wurde jedoch der Zusammenhang zwischen C. difficile und pseu­domembranöser Kolitis geklärt.[28] Der Erreger verursacht eine Antibioti­ka-assoziierte Diarrhöe, eine Antibiotika-assoziierte Kolitis oder eine An­tibiotika-assoziierte pseudomembranöse Kolitis als schwerste Ausprägung. Klinische Zeichen sind Diarrhö, dünnbreiig bis wässrig, faulig stinkend, ge­legentlich mit Blut oder eine Kolitis mit der Bildung von Pseudomembranen bzw. Ileus mit Erbrechen und Abdominalschmerzen. Wichtige klinische Hinweise besonders bei schwerem Verlauf sind steigende Leukozytenzahlen (> 15.000/μL), Kreatininanstieg oder ein Megakolon, welches zum Tode füh­ren kann. Komplikationen sind Perforation des Kolons, Elektrolytstörungen, Dehydrierung, Hypalbuminämie und Anasarka. Patienten z.B. auf Intensiv­stationen mit „unerklärbarem“ Anstieg der Leukozytenzahlen, Fieber, abdo­minaler Abwehrspannung sowie Hypalbuminämie haben nicht selten eine C. difficile-Infektion. Die Patienten verfallen zusehends, ohne einen offensicht­lichen Grund dafür zu haben. Entwickelt ein Patient erst ab dem vierten Auf­enthaltstag im Krankenhaus eine Diarrhö, handelt es sich in hohem Prozent­satz um eine C. difficile-Infektion. Die Letalität der Erkrankung beträgt etwa 6%, kann jedoch in einzelnen Populationen mit 27% sehr hoch sein.[29,30]

Auch bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen spielt C.difficile eine wichtige Rolle, so war bei Kindern das C.difficile-Trägertum mit 17% vs. 3% in der Kontrollgruppe signifikant erhöht (p=0,012), wobei über die Zeit hinweg die Stämme variierten.[31] Ein vermehrter Nachweis von C.difficile ge­lingt auch bei Erwachsenen mit diesen Erkrankungen während eines Krank­heitsschubs.[32] Insgesamt ist die Rezidivrate sehr hoch. In seltenen Fällen tritt eine reaktive Arthritis ein bis zwei Wochen nach Infektion auf (bis zu 35 Tagen), die sich als asymmetrische Polyarthritis mit wechselndem Befall der großen Gelenke manifestiert, selten sind die kleinen Gelenke mitbetroffen.[33] Gelegentlich wird C.difficile aus extraintestinalen Materialien als Teil einer polymikrobiellen Flora isoliert. In Einzelfällen wird das Bakterium auch als Erreger monomikrobieller extraintestinaler Infektionen nachgewiesen, so z.B. in einem pyogenen Hirnabszeß.[34]
 

Diagnostik


Standardmethoden der Stuhl-Diagnostik sind

(1) die Kultur evtl. mit nach­folgendem Toxinnachweis des Isolats,

(2) der Toxinneutralisationstest mit Nachweis von Toxin B in der Zellkultur (Goldstandard) oder

(3) der Toxin­nachweis mittels ELISA (Toxin A und B) mit relativ geringer Sensitivität,

(4) der Glutamatdehydrogenase (GDH)-Nachweis mit höherer Sensitivität aber geringerer Spezifität sowie

(5) Nukleinsäureamplifikationsmethoden mit Detektion der Toxingene A und/oder B (sensitivste Methode).[35]

 

In einigen Laboratorien wird auch eine Stufendiagnostik durchgeführt z.B. GDH-Nachweis mit nachfolgendem Toxin-ELISA.[36] Bei schwer erkrankten Pati­enten empfiehlt sich der endoskopische Nachweis von Pseudomembranen, der einen sofortigen Therapiebeginn rechtfertigt.

Therapie

Ein C.difficile-Nachweis ohne klinische Symptomatik bedarf keiner Be­handlung. Falls möglich, sollte eine bestehende Antibiotikatherapie beendet werden, was jedoch häufig nicht realisierbar ist. Standardtherapie bei initi­alen, leicht verlaufenden Erkrankungen (Leukozyten <15.000/μL, Kreati­nin ≤ 1,5 facher Basiswert) ist die orale Gabe von dreimal 400 mg pro Tag Metronidazol (METRONIDAZOL 400 HEUMANN u.a.) über 10 bis 14 Tage. Bei schwer verlaufenden Fällen wird viermal täglich 125 bis 250 mg Vancomycin (VANCOMYCIN „LEDERLE“ u.a.) oral über 10 bis 14 Tage gegeben; bei Hypotension oder Schock, bei Ileus oder Megakolon ist eine Kombination von viermal täglich 500 mg Vancomycin oral oder über eine nasogastrale Sonde [37] plus dreimal täglich 500 mg Metronidazol intravenös angezeigt (z.B. METRONIDAZOL FRESENIUS), zusätzlich kann Vanco­mycin per Einlauf appliziert werden. [38] Beim ersten Rezidiv wird das gleiche Vorgehen wie bei Erstmanifestation empfohlen, bei weiteren Rezidiven eine verlängerte Therapie mit Vancomycin in ausschleichender Dosierung. Eine neue therapeutische Alternative bei Rezidiven stellt die Gabe von zweimal täglich 200mg Fidaxomicin (DIFICLIR) dar (vgl. ZCT 2012; 33:45-46 oder www.zct-berlin.de).[39]

Bei der so genannten „Bakteriotherapie“ handelt es sich um die Übertragung der Intestinalflora einer gesunden Person auf einen Patienten mit C.difficile–Infektion unter der Vorstellung, die Entwicklung einer „Normalflora“ zu för­dern. Nach einer Reihe von Fallberichten werden erste kontrollierte Studien mit guten therapeutischen Ergebnissen publiziert.[40,41] In schwer verlaufenden Fällen - z.B. beim toxischen Megakolon - kann eine chirurgische Intervention notwendig werden.

 

Zur Vermeidung nosokomialer Infektionen sind die Empfehlungen des Ro­bert Koch-Instituts (RKI-Ratgeber Clostridium difficile) zu beachten.

 

Eine Meldepflicht nach §6 IfSG besteht bei schweren Krankheitsverläufen.


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