Brucella Spezies

 

(aus ZCT 4-2009)

 

 

 

Taxonomie, Morphologie und Kultur

 

Brucellen sind gramnegative, unbewegliche kokkoide Stäbchenbakterien; das Wachstum  erfolgt aerob und mikroaerophil auf komplexen Nährmedien. Sie können bei normalen Temperaturen in der Umwelt oder in Milch bzw. Milchprodukten Tage bis Wochen überleben. Als menschenpathogen gelten die Spezies B. melitensis(Maltafieber), B.abortus (Morbus Bang), sowie in seltenen Fällen B. suis und B. canis.

 

 

Epidemiologie

 

Brucellen kommen weltweit hauptsächlich bei Rindern, Schweinen, Ziegen, Schafen und Hunden vor; in Deutschland sind die Erreger durch konsequente Kontrolle der Tierbestände selten, die Bundesrepublik gilt als amtlich frei von B. melitensis und B. abortus. Häufig sind sie dagegen in Ost- und Südeuropa (bes. Türkei); gelegentlich erfolgt die Einschleppung der Erreger durch unkontrollierte Tiere.1 Bei den 2007 in Deutschland gemeldeten Fällen wurden drei (16%) der Betroffenen in Deutschland infiziert, zehn (53%) in der Türkei, der Rest in unterschiedlichen Ländern. Im Jahr 2008 wurden nach IfSG 24 Fälle gemeldet. Infektionen entstehen überwiegend durch Tierkontakt (Geburt) oder tierische Produkte, aber auch über Inhalation von infizierten Partikeln (Zoonose). Daher sind Schäfer, Schafscherer, Tierhalter, Metzger und Veterinärmediziner besonders gefährdet. Durch den Genuss von Nahrungsmitteln, wie Rohmilchprodukte (z.B. Schafs- und Ziegenrolle) sowie Leber oder Milz, ist eine Infektion ebenfalls möglich. Seltener sind Übertragungen durch Geschlechtsverkehr und Stillen sowie Knochenmarktransplantation und Blutkonserve.

Eine berufliche Exposition besteht in mikrobiologischen Laboratorien. Familiäre Ausbrüche (direkte oder indirekte Übertragung) sind möglich.1

 

 

Pathogenese, Krankheitsbild

 

Die Erreger werden in Makrophagen aufgenommen und in die regionalen Lymphknoten transportiert, von dort erfolgt dann die Ausbreitung in den gesamten Organismus. Viele Infektionen verlaufen asymptomatisch; die Krankheitserscheinungen bei Manifestation (B. abortus, B. melitensis) sind nach einer Inkubationszeit von 5 bis 60 Tagen anfänglich in vielen Fällen uncharakteristisch und für beide Erreger identisch.2 Gelegentlich findet sich eine Lymphadenopathie oder eine palpable Leber und/oder Milz, im späteren Krankheitsverlauf kann Fieber mit einer gewissen Periodizität (Febris undulans) auftreten sowie Sepsis, Nachtschweiß, Gelenkschmerzen und asymmetrische Gelenkschwellungen (Arthritis), daneben Hepatosplenomegalie (selten auch mit Milzinfarkt), venöse und arterielle Thrombosen, Epididymitis und Orchitis sowie „kalte“ Abszesse, besonders vertebral (Osteomyelitis) und  paravertebral (DD Yersiniose bzw. Tuberkulose). Im Knochenmark sind Granulome nachweisbar; Anämie, Leukopenie, Thrombopenie wahrscheinlich als Folge einer Hämophagozytose (bes. bei Infektionen durch B. melitensis). Wichtig ist auch, an die Möglichkeit einer Endokarditis durch Brucellen zu denken (meist Aortenklappe); viele der Patienten haben vorbestehende Klappenschäden. Der Verlauf ist subakut mit Herzversagen und tödlichem Ausgang. Ein sofortiger Klappenersatz ist notwendig. In seltenen Fällen erfolgt die Manifestation auch als Myokarditis. Es existieren chronische Verlaufsformen der Brucellose (> 1 Jahr), die sich auch in Form einer Neurobrucellose (bes. durch B. melitensis, gelegentlich B. abortus und selten B. suis)3 mit Beteiligung des ZNS (Meningoenzephalitis, Meningomyelitis, Visusverlust) und der peripheren Nerven manifestieren können. Die Letalität ist insgesamt mit 2% niedrig, bei Patienten mit Endokarditis aber hoch! In besonderen epidemiologischen Situationen muss auch an den Einsatz von Brucellen als Biowaffe in Form eines Aerosols gedacht werden.

Bei Tieren ist die Infektion eine der wichtigsten Abortursachen; auch beim Menschen kann es in der Schwangerschaft zu Aborten kommen.

 

 

Diagnostik

 

Berufs-, Reise- und Nahrungsmittelanamnese! Der kulturelle Nachweis erfolgt mit verlängerter Bebrütungszeit in Blut, Abszessmaterial (z.B. Knochen), Knochenmark, Gewebe, Urin (bes. B. melitensis) und Liquor. Beim Antikörpernachweis (gepaarte Seren im Abstand von zwei bis vier Wochen) wird die ELISA-Methode bevorzugt und mittels Komplementbindungsreaktion bestätigt, wobei Kreuzreaktionen mit zahlreichen Erregern zu beachten sind. Von einigen Laboratorien wird auch ein PCR-Nachweis  angeboten.4

 

Therapie, Prävention, Meldepflicht

 

Die primäre Therapie besteht in der Gabe von Doxycyclin (DOXYCYCLIN-RATIOPHARM u.a.) ± Rifampicin (EREMFAT u.a.) für sechs Wochen plus Gentamicin (REFOBACIN u.a.) für zwei Wochen.5 Bei Endokarditis wird zusätzlich ein früher Klappenersatz empfohlen.

Vorsicht ist bei Verzehr von Molkereiprodukten aus unpasteurisierter Milch geboten. Eine berufliche Exposition (auch in Laboratorien) ist zu beachten! Frauen mit Brucellose sollten nicht stillen, da eine Übertragung auf den Säugling möglich ist (intrazelluläre Lagerung der Erreger); als infektiös anzusehen sind bei erkrankten Personen Blut, Urin, Sperma, Fruchtwasser, Nachgeburt und Lochialsekret. Eine Isolation der Erkrankten bei Beachtung der Standardhygiene ist nicht notwendig. Personen, die an einer Brucellose erkrankt sind oder waren, sind von einer Blutspende ausgeschlossen. Meldepflicht besteht bei direktem und indirektem Erregernachweis.

 

 

1.      HEIZMANN, W. et al.J Hyg (Lond). 1985; 95: 639 - 653

 

2.      DOKUZOGUZ, B. et al. J Infect 2005; 50: 41 - 45

 

3.      WALLACH, J.C. et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2002; 21: 760 – 762

 

4.      CASTANO, M.J., SOLERA J. J Clin Microbiol 2009; 47: 2084 - 2089

 

5.      SKALSKY, K. et al BMJ 2008; 336: 701 - 704

 

 

 

 

 

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