Bordetella pertussis

(aus ZCT 1-2009)

 

Morphologie und Kultur

 

B.  pertussis ist ein unbewegliches, gramnegatives, kurzes Stäbchenbakterium mit Kapselbildung; strikt aerobes Wachstum, sehr empfindlich gegen Kälte und Austrocknung.

 


Epidemiologie

 

Einziger bekannter Wirt für B. pertussis ist der Mensch, Erkrankungen treten ab dem Säuglingsalter bis in das Erwachsenenalter auf und werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Jugendliche und Erwachsene spielen als Erregerreservoir und Überträger eine zunehmende Rolle. Die Inkubationszeit beträgt 7-20 Tage, die Dauer der Ansteckungsfähigkeit beginnt am Ende der Inkubationszeit, nimmt in den ersten beiden Erkrankungswochen zu und ist noch bis zu drei Wochen im Stadium convulsivum fortbestehend. Eine antibiotische Therapie verkürzt die Ansteckungsfähigkeit auf etwa fünf Tage. Erkrankungen treten vor allem im Herbst und Winter auf, seltener in den anderen Jahreszeiten. Nosokomiale Infektionen durch eine Übertragung durch Pflegepersonal in einer Kinderklinik wurden jüngst beschrieben.(1)

 


Pathogenese, Krankheitsbild

 

Wichtigste Virulenzfaktoren sind das Pertussis-Toxin, das filamentöse Hämagglutinin sowie Fimbrien zur Anheftung an das respiratorische Epithel. Das Pertussis-Toxin (A-B-Typ) ist eine ADP-Ribosyltransferase, welche die Signaltransduktion in der Epithelzelle stört. Das tracheale Zytotoxin führt zu einer Stase der Zilien des respiratorischen Epithels.

Klassisch ist der paroxysmale Husten (Stakkatohusten), gefolgt von tiefer Inspiration gegen eine geschlossene Glottis im Stadium convulsivum. Bei der Erstinfektion im Kleinkindesalter können drei Stadien beobachtet werden:

- Stadium catarrhale (Dauer ein bis zwei Wochen) mit Schnupfen, uncharakteristischem Husten, evtl. leichtem Fieber.

- Stadium convulsivum (Dauer vier bis sechs Wochen) mit gehäuftem paroxysmalem Husten vor allem in der Nacht, gefolgt vom Hervorwürgen zähen Schleims und nachfolgendem Erbrechen.

- Stadium decrementi (Dauer sechs bis zehn Wochen) mit allmählichem Abklingen der Hustenanfälle.

Bei Jugendlichen und Erwachsenen verläuft die Erkrankung mit lang dauerndem Husten ohne typische Anfälle; bei Säuglingen sind Apnoeen bedeutsam (Todesfälle). Komplikationen sind Pneumonien, sekundäre Otitiden, selten zerebrale Krampfanfälle oder eine hypoxische Enzephalopathie.

 


Diagnostik

 

Das klassische Krankheitsbild eines Keuchhustens ist wegweisend für eine gezielte Diagnostik. Aber auch bei Kindern und Erwachsenen mit unspezifischen Hustenanfällen über eine längere Zeitdauer (>zwei bis drei Wochen) unabhängig vom Pertussis-Impfstatus ist eine Untersuchung empfehlenswert. Bei Kindern unter 12 Monaten schließt eine absolute Lymphozytenzahl von < 9400/µL Blut eine Pertussis praktisch aus.2 Untersuchungsmaterialien zum Erregernachweis (Kultur, PCR) sind tiefe Nasopharyngealabstriche, nasopharyngeale Sekrete oder Material aus Absaugung. Zur Entnahme ideal ist ein Dacron-Tupfer, dieser sollte waagerecht durch ein Nasenloch bis zur Rachenhinterwand geführt werden. Durch Fehler bei der Entnahme und auf dem Transport (Kälte!) schwanken die Angaben zur Sensitivität der Kultur zwischen 30 und 60%, die Spezifität beträgt 100%. Der Nachweis über eine PCR ist gegenwärtig nicht standardisiert und steht nicht überall zur Verfügung. Die Sensitivität der PCR ist hoch, es gelingt auch der Nachweis von B. pertussis–DNA bei Geimpften sowie bei Jugendlichen und bei Erwachsenen, wo die Kultur deutlich unterlegen ist. Allerdings sind falsch positive sowie falsch negative Ergebnisse möglich3, neue Untersuchungsprotokolle führen zu einer Sensitivität von 100% und einer Spezifität von 96,8%.4

Ein Nachweis von IgG- und IgA-Antikörpern gelingt frühestens beim Übergang in das Stadium convulsivum. Wichtig ist auch hier die Untersuchung von gepaarten Seren im Abstand von zwei bis vier Wochen.

 


Therapie, Prävention, Meldepflicht

 

Die Therapie erfolgt in erster Linie mit Makroliden [Erythromycin (ERYCIN u.a.), Azithromycin (ZITHROMAX u.a.), Clarithromycin (KLACID u.a.), Roxithromycin (RULID), alternativ Cotrimoxazol (COTRIM u.a.)]. Unwirksam sind Penicilline sowie Cephalosporine. Die Therapie sollte so früh wie möglich am Ende der Inkubationszeit, im Stadium catarrhale einsetzen und bis zu drei Wochen nach Beginn des Stadiums convulsivum (Ausscheidungszeit) fortgeführt werden.  Allerdings beeinflusst eine antibiotische Therapie nur innerhalb der ersten beiden Wochen nach Symptombeginn den klinischen Verlauf. In vielen Fällen werden die Dauer und Heftigkeit von Hustenattacken nicht beeinflusst. Dennoch kann eine antibiotische Therapie bzw. Prophylaxe für eine Unterbrechung der Infektionsketten bedeutsam sein (s.u.).

Die STIKO 20085 empfiehlt eine Grundimmunisierung ab dem 2. Monat (insgesamt vier Gaben) sowie Auffrischimpfungen im Alter von fünf bis sechs Jahren und zwischen 9 und 17 Jahren. Zur Reduktion der Transmissionsrate von Jugendlichen und Erwachsenen auf Säuglinge bzw. Kinder kann eine Wiederimpfung von Jugendlichen beitragen.

Der Schutz einer Impfung hält längstens 12 Jahre an.6 Die Gabe einer Dosis eines azellulären Impfstoffs führt bei Pflegepersonal jedoch zu einer langdauernden Immunantwort.7

Zu beachten ist, dass auch geimpfte Personen vorübergehend mit B. pertussis besiedelt sein können und somit eine Infektionsquelle darstellen. Daher ist eine Chemoprophylaxe mit Makroliden bei engen Kontaktpersonen in der Familie, der Wohngemeinschaft oder in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter empfehlenswert, besonders, wenn sich in der Umgebung gefährdete Personen befinden.8

Eine Meldepflicht auf der Basis von Verordnungen besteht in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Wesentlich ist die Informationspflicht gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt für Leitungen von Gemeinschaftseinrichtungen nach §34 Abs. 6 IfSG bei Erkrankungsfällen.

 

 

1.        Crameri, S., Heininger, U. Int J Infect Dis 2008;12: e85 - 87

 

 

 

2.        Guinto-Ocampo, H. et al. Pediatr Emerg Care 2008;24: 16 - 20

 

 

 

3.        Lievano, F.A. et al. J Clin Microbiol 2002; 40: 2801 - 2805

 

 

 

4.        Probert, W.S. et al.J Clin Microbiol 2008; 46: 3228 - 3231

 

 

 

5.        Robert Koch-Institut: Impfempfehlungen der Ständigen  Impfkommission                                    (STIKO), Stand 25. Juli 2008. Epid Bull 2008; 30: 235 - 254

 

 

 

6.        Jenkinson, D. Br Med J (Clin Res Ed). 1988; 296: 612 - 614

 

 

 

 

7.        Littmann, M. et al. Vaccine 2008; 26: 2344 - 2349

 

 

 

8 Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten“Pertussis (Keuchhusten)” Stand 14.2.2008

 

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