Schwangerschaftspyelonephritis

Text aus Heft 6, 2001

Ergänzungen am Ende des Textes

 

Kasuistik

 

Eine 23 Jahre alte Patientin ist im fünften Monat schwanger und kommt in die Praxis wegen seit mehreren Tagen zunehmendem rechtsseitigen Flankenschmerz, Dysurie, Abgeschlagenheit, Inappetenz und subfebrilen Temperaturen. Aus der Anamnese der Patientin sind keine Harnwegs- oder Niereninfektionen bekannt, besondere Reise- oder sonstige Infektionsauffälligkeiten bestehen ebenfalls nicht.

 

Diagnostik

 

Die körperliche Untersuchung bestätigt zunächst eine erhöhte Körpertemperatur mit 38° C axillär gemessen. Weiterhin ist eine deutliche Klopf- und Druckempfindlichkeit des rechten Nierenlagers nachweisbar. Die Herz-Kreislaufverhältnisse sind unauffällig; die Sonographie der Nieren ergibt keinen Hinweis auf eine Stauung in beiden Nierenbecken. 

Die Untersuchung des Urinsediments ergibt eine deutliche Leukozyturie und Bakteriurie. Im Mittelstrahlurin können 104  E. coli pro ml Urin nachgewiesen werden. Die mikrobiologische Bestimmung ergibt keine Resistenzen gegenüber allen üblicherweise wirksamen Chemotherapeutika.

 

Pathogenese

 

Die anatomischen, funktionellen und immunologischen Veränderungen im Harntrakt bei Schwangerschaft disponieren relativ häufig zu Infektionen der oberen und unteren Harnwege. Nicht selten löst auch eine Gravidität den akuten Schub einer schon länger bestehenden, bisher aber unbemerkt chronischen Pyelonephritis aus. Die Keimzahl von 104 /ml eines typischen Infektionserregers wird heute als signifikant akzeptiert.

 

Therapie

 

Die Behandlung einer Harnwegsinfektion in der Schwangerschaft unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Therapie einer akuten Pyelonephritis. Sie wird allerdings dadurch erschwert, dass einige antimikrobiell wirksame Substanzen auch aus Verträglichkeitsgründen in der Schwangerschaft nicht verabreicht werden können (Aminoglykoside, Doxycyclin, Cotrimoxazol, Nitrofurantoin, Fluorchinolone, Sulfonamide). Die Therapie stützt sich daher während der Schwangerschaft auf Aminobenzyl-Penicilline mit oder ohne Betalaktamaseinhibitoren und Oralcephalosporine. Bei der hier dargestellten Patientin wurde eine achttägige Therapie mit zweimal 750 mg Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.) vorgenommen. 

 

 

Ergänzung 2018

 

Eine aktualisierte AWMF-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten  wurde 2017 veröffentlicht.

 

Während der Schwangerschaft soll demnach die stationäre Behandlung einer Pyelonephritis erwogen werden. Die Antibiotikagabe sollte initial parenteral zusammen mit einer ausreichenden Flüssigkeitsgabe erfolgen. Zur empirischen Therapie werden im Wesentlichen Cephalosporine der Gruppe 2 und 3 empfohlen. Die weitere Antibiotikatherapie richtet sich nach dem Ergebnis der vor Beginn der Antibiotikatherapie eingeleiteten Urinkultur.

 

Wagenlehner F et al Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Aktualisierung 2017, S3-Leitlinie, AWMF Registernummer: 043/044.

 

 

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