Primäre Lues

Text aus Heft 6, 2002

Ergänzungen am Ende des Textes

 

Kasuistik

 

Ein 32 Jahre alter Patient kommt in die Praxis und klagt über ein mäßig schmerzhaftes kleines Ulkus an seinem Penis sowie Schwellungen der Lymphknoten in beiden Inguinalbereichen. Anamnestisch berichtet der Patient, dass er vor zwei Wochen von einer Urlaubsreise aus Südostasien zurückgekehrt sei und während dieser Reise sei es auch zu ungeschütztem Sexualverkehr gekommen.

 

Diagnostik

 

Bei der Untersuchung fällt an der Spitze des Penis ein kleines,  gelblich-rötliches, sauberes, nicht eitriges Geschwür auf mit nur wenig milder Umgebungsschwellung. Die inguinalen Lymphknoten sind mittelgradig vergrößert, nicht konfluierend und die Haut darüber ist unauffällig. Die rektale Untersuchung ergibt keinen pathologischen Befund, die Körpertemperatur ist nicht erhöht, Herz-Kreislauf-Befunde sind normal.

 

Pathogenese

 

Die primäre Syphilis verläuft mit einer Inkubationszeit von drei bis sechs Wochen und wird durch Treponema pallidum verursacht. Die erste klinische Manifestation ist üblicherweise das genitale Ulkus (Schanker), jedoch muss auch auf atypische Manifestationen geachtet werden. Ohne Behandlung verschwinden das Ulkus und die regionale Lymphknotenvergrößerung spontan nach einigen Wochen und in typischer Weise entwickelt sich nach zwei bis vier Monaten das Bild der sekundären Syphilis. Die Diagnose der primären Lues wird zunächst über eine Suchreaktion mittels Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest (TPHA-Test) vorgenommen. Bei positivem Ergebnis ist die Serumdiagnostik zu erweitern, um zu einer Bestätigung zu gelangen. Mit der indirekten Immunfluoreszenz-Technik (FTA-ABS-Test) lassen sich Treponemen-spezifisches IgG und IgM nachweisen. Treponemen-spezifische IgM-Antikörper sind drei bis 24 Monate nach Behandlungsende nicht mehr nachweisbar, während spezifische IgG-Antikörper meist lebenslang bestehen bleiben.

 

Therapie

 

Bei der Lues I und II wird ein Depotpenicillin verabreicht, in der Regel ein Procain-Penicillin (BIPEN-SAAR) in einer täglichen Dosierung von 2,4 Millionen Einheiten intramuskulär über 14 Tage. Bei Penicillin-Allergie wird Ceftriaxon (ROCEPHIN) einmal täglich zwei Gramm über zwei Wochen intravenös gegeben; alternativ Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) täglich 200 mg intravenös oder Minocyclin (KLINOMYCIN u.a.) zweimal täglich 100 mg oral über drei Wochen. Drei, sechs und zwölf Monate nach Abschluss der antibiotischen Behandlung ist eine Kontrolle der serologischen Befunde notwendig.

 

Ergänzungen (2017)

 

In Deutschland ist es in den letzten Jahren zu einem erheblichen Anstieg der Syphilis-Fälle gekommen. Während zwischen den Jahren 2004 und 2008 die Meldezahlen für Syphilis sich auf einem Niveau zwischen 3.000 und 3.500 pro Jahr stabilisierten, sind dem Robert Koch-Institut im Jahr 2015 6.834 Syphilis-Fälle gemeldet worden.

 

Die Standardtherapie der Lues I und II sowie der nicht länger als ein Jahr bestehenden latenten Lues besteht üblicherweise aus der Gabe eines Depot-Penicillins, wie Benzathin-Benzylpenicillin (TARDOCILLIN u. a.) in einer Dosis von 2,4 Millionen Einheiten intramuskulär.

 

Bei Lues III und Neurosyphilis wird in Deutschland in der Klinik wässriges Penicillin G-Natrium intravenös in einer Dosierung von täglich 10 bis 20 Millionen Einheiten in zwei Einzelgaben über 14 Tage verabreicht.

 

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