Otitis externa

Text aus  Heft 6, 1996 (aktualisiert)

Ergänzungen am Ende des Textes

 

Kasuistik

 

Ein 45 Jahre alter Patient mit einer Alkohol-Anamnese kommt in die Praxis und klagt über starke Schmerzen im Bereich des linken äußeren Gehörganges. Die Schmerzen haben an Intensität in den letzten 48 Stunden erheblich zugenommen und sind von pulsierendem Charakter. Sie strahlen in die Schläfe und den linken Oberkiefer aus. Weiterhin bestehen Fieber seit drei Tagen und eine ganz erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. Außerdem sei aus dem Ohr eine gelbliche, unangenehm riechende Flüssigkeit geflossen. Eine wesentliche Einschränkung des Hörvermögens sei jedoch nicht aufgetreten. Die Untersuchung zeigt ein äußerst druckschmerzhaftes Ohr und eine phlegmonöse Entzündung des gesamten äußeren Gehörganges, ausgehend von einem Furunkel in der Gehörgangsvorderwand. Es besteht keine Druckschmerzhaftigkeit des Mastoids.

 

 

Bemerkung:

 

Bei diesem charakteristischen klinischen Befund handelt es sich um eine Otitis externa circumscripta, die bei ungünstigen Verläufen zu abszedierendem Befall der retroaurikulären Lymphknoten mit dem Bild der Pseudomastoiditis führen kann. Komplikationen entstehen durch eine septische Metastasierung bzw. lymphogene Streuung zum Beispiel in die Meningen. Diese Form der Otitis externa muß von der Otitis externa maligna - auch als nekrotisierende Otitis externa bezeichnet - unterschieden werden, wie sie insbesondere bei Diabetikern auftreten kann. Hierbei kommt es zu einer schmerzhaften Schwellung der Gehörgangsweichteile mit dem Übergang in einen Granulationsprozeß, der die Knochenkortikalis angreifen kann. Dieses führt zur Osteomyelitis des Schläfenbeines und/oder der Schädelbasis. Bei Ausbreitung bis zum Foramen magnum bzw. jugulare können Paresen der Hirnnerven IX-XII auftreten. Auch die Hirnnerven IV-VIII können in Mitleidenschaft gezogen werden mit Symptomen wie Schwindel, Taubheit, Trismus.

 

 

Therapie

 

Eine umschriebene Eiterung z.B. in Form eines Furunkels muß inzidiert werden. Bei der Otitis externa circumscripta sind zumeist Staphylokokken oder Streptokokken als Erreger mittels Abstrich nachweisbar, so dass antibiotisch eine systemische Therapie aus Flucloxacillin (STAPHYLEX), Makrolidantibiotika [z.B. Azithromycin (ZITHROMAX)], Clindamycin (SOBELIN) oder auch Oral-Cephalosporine [z.B. Cefalexin (CEPHALEX) oder Loracarbef (LORAFEM)] eingesetzt werden sollten. Es muß beachtet werden, dass bei einigen neueren Oral-Cephalosporinen keine ausreichende Aktivität gegen Staphylokokken besteht. Lokal können Gazestreifen mit Ichthyol-Salbe eingelegt werden, nach der Furunkel-Entleerung sollte eine regelmäßige Gehörgangsreinigung und Desinfektion erfolgen. Als Allgemeinbehandlung können Analgetika und/oder Antiphlogistika verabreicht werden; feucht-warme Verbände und Rotlicht werden häufig als angenehm empfunden.

 

Bei der Otitis externa maligna muß als dominierender Erreger Pseudomonas aeruginosa berücksichtigt werden. Neben einer großzügigen Inzision und Abtragung des Infektionsherdes muß daher eine Pseudomonas-wirksame Therapie z.B. mit Piperacillin (PIPRIL u.a.) in Kombination mit Aminoglykosiden [z.B. Tobramycin (GERNEBCIN)] oder mit hoch-dosiertem Ciprofloxacin (CIPROBAY) erfolgen.

 

Ergänzung, Literaturhinweis

 

Schaefer P, Baugh RF. Acute otitis externa: an update. Am Fam Physician. 2012 Dec 1;86(11):1055-61. Review. PubMed PMID: 23198673.

 

 

 

 

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