Endokarditis

(aus ZCT 3-2003, aktualisiert)

 

Kasuistik:

 

Eine 47-jährige Patientin kommt in die Praxis und klagt über seit mehreren Wochen bestehende Mattigkeit, Müdigkeit, Nachtschweiße, Leistungsabfall, Inappetenz und Gewichtsverlust. Anamnestisch von Bedeutung sind ein seit mehreren Jahren bekannter Mitralklappenprolaps und eine vor acht Wochen vorgenommene Zahnextraktion.

 

 

Diagnostik:

 

Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine Tachykardie um 110/min. auf, weiterhin wird die Milz vergrößert getastet und über dem Herzen, insbesondere über der Mitralklappe, wird ein holosystolisches Geräusch mit Ausbreitung in den Axillarbereich nachgewiesen. Im Bereich von zwei Fingerendgliedern zeigen sich embolische Veränderungen der Haut. Die Körpertemperatur wird mit 38,2°C mäßig erhöht gemessen, Atemfrequenz und Blutdruck sind noch im Normbereich. Weitere Hinweise für andere Organinfektionen lassen sich nicht finden. Die Echokardiographie zeigt thrombotische Vegetationen auf den Mitralklappensegeln. Bei den Blutuntersuchungen fallen ein deutlich erhöhtes CRP mit 70 mg/dl, eine erhöhte BSG von 45 mm in der ersten Stunde sowie eine mäßige Leukozytose von 12.000 Zellen/µl und eine geringe Anämie mit einem Hb von 11,2 g/dl auf.

 

 

Pathogenese:

 

Ein ausgeprägter Mitralklappenprolaps disponiert zu einer bakteriellen Endokarditis. Im Rahmen der anamnestisch geschilderten Zahnextraktion vor einigen Wochen ist es offensichtlich zu einer Bakteriämie gekommen mit Infektion der vorgeschädigten Mitralklappe. Als Erreger kommen bei einer derartigen Konstellation vorwiegend Bakterien der Mundflora wie Streptococcus viridans in Betracht.

 

 

Therapie:

 

Wegen der Schwere des Krankheitsbildes und der offensichtlich schon abgelaufenen Mikroembolien erfolgte eine stationäre Einweisung. Dort wurde in mehreren Blutkulturen Streptococcus mitis nachgewiesen und eine Therapie mit 20 Mega I.E. Penicillin G (z.B. PENICILLIN G JENAPHARM) plus 3 mg/kg Gentamicin (REFOBACIN u.a.) täglich eingeleitet. Diese kombinierte Therapie wird über zwei Wochen durchgeführt, danach noch eine weitere zweiwöchige Penicillin-Monotherapie. Die Therapiekontrollen erfordern regelmäßige echokardiographische Überwachung und auch die Bestimmung von CRP sowie Geräuschbefund. Bei Allergie gegen Penicillin G wird Ceftriaxon (ROCEPHIN) in einer Dosis von täglich 2 g i.v. über den gleichen Zeitraum verabreicht, diese Therapieform kann prinzipiell auch ambulant vorgenommen werden. Die Patientin sollte darüber hinaus einen Endokarditisausweis mit klaren Hinweisen auf eine gezielte Antibiotikaprophylaxe bei bestimmten Eingriffen erhalten.

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