Rosoxacin

Gyrasehemmer zur oralen Kurzzeittherapie der Gonorrhö

Unveränderter Text aus ZCT Heft 5, 1984

Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes

Zahlreiche neuere Chemotherapeutika sind zur Behandlung der Gonorrhö vorgeschlagen oder im klinischen Versuch überprüft worden. In einer früheren Ausgabe ("ZCT" 3: 20, 1984) berichteten wir z.B. über die hohe antibakterielle Aktivität der ß-Laktamase-festen Cephalosporine gegenüber Gonokokken. Sie sind ähnlich wie Spectinomycin (STANILO) auch bei Penicillinase-bildenden Stämmen nach einmaliger Injektion wirksam, zur oralen Therapie eignen sie sich allerdings nicht. Doxycyclin (DOXY-TABLINEN, VIBRAMYCIN u.a.) und andere Tetrazykline können zwar per os gegeben werden, jedoch wird eine Therapiedauer von sieben Tagen empfohlen (vgl. "ZCT" 4: 20, 1983). Bei ß-Laktamase-bildenden Erregern ("PPNG") sind Tetrazykline nicht indiziert, da diese Stämme in hohem Maße auch gegenüber Tetrazyklinen resistent sind.
Rosoxacin (WINURON) ist ein bakterizid wirksames Chinolonderivat, welches die Nukleinsäuresynthese sensibler Keime stört ("Gyrasehemmer") und zur oralen Einmaltherapie der Gonorrhö geeignet ist. Die minimalen Hemmkonzentrationen gegenüber Neisseria gonorrhoeae (MHK90) betragen etwa 0,06 mg/l und entsprechen damit den Werten des Penicillin G (div. Warenzeichen). Soweit es sich bisher bei einer begrenzten Anzahl getesteter PPNG-Stämme beurteilen läßt, ist die Aktivität unabhängig davon, ob die Neisserien Penicillinase produzieren oder nicht.3
Nach oraler Applikation wird Rosoxacin gut absorbiert. Die Eliminationshalbwertzeit unterliegt großen individuellen Schwankungen - es werden Werte zwischen 2,5 und 11 Stunden angegeben. Innerhalb von 24 Stunden werden etwa 50% der Dosis renal eliminiert, davon ca. 4% in unveränderter Form.2 Es wurden bisher nur wenige pharmakokinetische Daten über Rosoxacin publiziert, so daß sich die entsprechenden Angaben überwiegend auf Informationen des Herstellers stützen.
In einer kürzlich veröffentlichten klinischen Untersuchung3 wurde eine Einmaldosis von 300 mg Rosoxacin mit Ampicillin (AMPI-TABLINEN, BINOTAL u.a.) in einer Dosis von 3.500 mg verglichen. Die Ampicillin-Behandlung wurde durch 1 g Probenecid (BENEMID) ergänzt. Die klinischen Erfolgsquoten betrugen 92% für das Chinolonderivat und 98,3% für die Standardtherapie. Beide Therapieformen waren auch bei anorektalen Manifestationen der Erkrankung wirksam. Unter den isolierten Erregern fand sich nur ein Penicillinase-bildender Stamm (PPNG) in der Rosoxacin-Gruppe. Knapp 100 Patienten mit PPNG-Infektionen wurden bisher mit einer Einzeldosis von 300 mg Rosoxacin behandelt. Dabei wurde eine Heilunsrate von 100% erzielt.4,5 Es werden weitere Studien folgen müssen, um diese unterschiedlichen Angaben zur klinischen Wirksamkeit zu klären.
Die Einmaltherapie ist nicht ausreichend wirksam, um eine gleichzeitig bestehende Chlamydieninfektion zu beseitigen bzw. eine postgonorrhoeische Urethritis zu verhindern.5 Die Angaben zur Häufigkeit dieses Krankheitsbildes nach Rosoxacin-Therapie schwanken zwischen 13,6%2 und 34%.5
Nebenwirkungen sind bei Rosoxacin-Einnahme relativ häufig. Sie sind jedoch meist leichter Natur und vorübergehend. Gastro-intestinale Störungen und ZNS-Symptome wie Schwindel, Müdigkeit und Sehstörungen (ca. 30%) sind vorherrschend.3 Andere Untersucher fanden noch höhere Nebenwirkungsquoten (51%), während vom Hersteller 20,9% angegeben werden.2
Nach relativ hohen Dosen wurden Gelenkveränderungen bei jungen Versuchstieren festgestellt, wie sie auch von anderen Substanzen dieser Klasse bekannt sind (vgl. "ZCT" 3: 21, 1984). Die Anwendung dieser Chemotherapeutika ist deshalb bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht indiziert.

 


ZUSAMMENFASSUNG


Das Chinolinderivat Rosoxacin (WINURON) wirkt gegenüber Gonokokken in niedrigen Konzentrationen bakterizid. Es wird durch Penicillinase nicht zerstört und ist zur oralen Einmaltherapie der Gonorrhö geeignet. Die klinische Erfolgsrate lag nach 300 mg des Chemotherapeutikums bei 92%. Die Angaben zur Vertäglichkeit von Rosoxacin schwanken sehr. Bei etwa 20 bis 50% der Patienten muß mit gastrointestinalen und zentralnervösen Komplikationen gerechnet werden. Bei Jugendlichen bis zu 18 Jahren ist Rosoxacin kontraindiziert.
Aufgrund der relativ häufigen Nebenwirkungen ist Rosoxacin sicher nicht als Mittel der ersten Wahl zur Therapie der Gonorrhöanzusehen. Das Präparat könnte aber Bedeutung erlangen bei weiterer Ausbreitung von Penicillinase-produzierenden Gonokokken bzw. in Gebieten, in denen bereits heute vermehrt Penicillin-resistente Erreger vorkommen.


1 BRAVENY, I. und MACHKA, K. Arzneim.-Forsch. 30: 1476-1478, 1980
2 WINURON-Einführungsbroschüre Winthrop GmbH, 1982
3
ROMANOWSKI, B. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 25: 455-457, 1984
4 CALUBIRAN, O.V. et al. Br. J. Vener. Dis. 58: 231-235, 1982
5 HANDSFIELD, H.H. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 20: 625-629, 1981

 


Aktuelle Ergänzungen (November 2000)


Rosoxacin hat sich als entbehrlich erwiesen.
Es ist in Deutschland heute nicht mehr im Handel.

 

 

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