Unveränderter Text aus ZCT Heft 1, 1994
Aktuelle Ergänzungen am Ende des
Textes
Piperacillin (PIPRIL) gehört zu den
Acylaminopenicillinen, die in der Klinik zur parenteralen Behandlung von Infektionen durch grampositive und gramnegative Bakterien eingesetzt werden. Häufigste Ursache der bakteriellen Resistenz
gegenüber Acylaminopenicillinen ist die Bildung von ß-Laktamasen. Die Kombination dieser Antibiotika mit Hemmstoffen der ß-Laktamasen wird seit einigen Jahren in steigendem Maße eingesetzt, um der
Resistenzentwicklung entgegenzuwirken und um das Spektrum der Antibiotika zu erweitern. Mit Tazobactam (als Monosubstanz nicht im Handel) steht ein neuer Inhibitor zur Verfügung, der nur in
Kombination mit Piperacillin angeboten wird. Eine Flasche zur Herstellung einer Infusionslösung enthält entweder 2 g oder 4 g Piperacillin plus 0,5 g Tazobactam. Diese Einzeldosen werden im Regelfall
dreimal täglich verabreicht.
Tazobactam bindet ebenso wie andere ß-Laktamaseinhibitoren an das aktive Zentrum der ß-Laktamasen. Dabei wird das katalytische Zentrum zerstört, der Hemmstoff wird gespalten. Im Vergleich zu den bisher bekannten Hemmstoffen besitzt Tazobactam eine höhere Affinität zu den bakteriellen Enzymen und erfaßt ein breiteres Spektrum der ß-Laktamasen. Das bedeutet, daß die ß-Laktamasen aus grampositiven und gramnegativen sowie aeroben und anaeroben Erregern gehemmt werden, unabhängig davon, ob die genetische Information für die Resistenzenzyme auf dem Chromosom oder auf einem Plasmid der Bakterien lokalisiert ist.
Die beiden in TAZOBAC kombinierten Substanzen besitzen ähnliche pharmakokinetische Eigenschaften. Beide
werden mit einer mittleren Halbwertzeit von etwa 80 Minuten eliminiert. Die Werte für das Verteilungsvolumen (24 Liter) und die Clearance (etwa 200 ml/min) zeigen ebenfalls gute Übereinstimmung. Da
mit einer Infusion vier- bzw. achtmal soviel Piperacillin verabreicht wird wie Tazobactam, sind die Konzentrationen der Kombinationspartner im Serum und Gewebe unterschiedlich: die mittleren
Spitzenkonzentrationen liegen bei 28 mg/l Tazobactam bzw. 124 mg/l Piperacillin im Serum nach Gabe von 0,5 g plus 2 g. Mit Infusion der doppelten Dosis Piperacillin werden auch etwa doppelt so hohe
Konzentrationen erzielt. Im Gewebe werden ebenfalls meist deutlich höhere Spiegel von Piperacillin als von Tazobactam gemessen.
Beide ß-Laktamverbindungen werden kaum metabolisiert und überwiegend unverändert über die Niere ausgeschieden. Bei eingeschränkter Nierenfunktion wird die Ausscheidung beider Stoffe in ähnlichem Maße
verzögert und die Dosis muß reduziert werden. Bei Patienten mit einer glomerulären Filtrationsrate von 18 ml/min wird die Einzeldosis zum Beispiel nur einmal täglich verabreicht. Bei einer
fortgeschrittenen Niereninsuffizienz muß die Tagesdosis weiter reduziert werden. Bei Patienten mit eingeschränkter Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Die Behandlung mit TAZOBAC ist indiziert, wenn Infektionen vorliegen, die durch Erreger verursacht
werden, die gegenüber Piperacillin resistent sind, durch die Kombination jedoch erfaßt werden. Die Zulassung in Deutschland beschränkt sich auf Infektionen des Bauchraumes sowie auf außerhalb des
Krankenhauses erworbene Infektionen der Lunge, der Haut und des Weichteilgewebes. Der Hersteller weist in seiner Broschüre darauf hin1, daß das neue Arzneimittel in anderen europäischen Ländern auch
für weitere Indikationen zugelassen worden ist - zum Beispiel bei bakterieller Sepsis und Infektionen bei neutropenischen Patienten. Dieser Hinweis ändert jedoch nichts an der juristischen Situation
und der restriktiven Zulassung durch das Bundesgesundheitsamt, die auf der Auswertung der Ergebnisse aus der vorliegenden klinischen Prüfung beruht.
Bisher liegen nur wenige Vergleichsstudien zwischen TAZOBAC und anderen Antibiotika vor. In einer randomisierten Untersuchung an 113 Patienten wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von TAZOBAC und
Imipenem/Cilastatin (ZIENAM) bei Patienten mit abdominellen Infektionen miteinander vergleichen.2 Das neue Präparat war in einer Dosierung von dreimal täglich 4,0 g Piperacillin signifikant besser
wirksam, doch muß kritisch angemerkt werden, daß die Vergleichssubstanz recht niedrig dosiert wurde (dreimal täglich 500 mg Imipenem). Es ist daher bisher lediglich die Aussage gerechtfertigt, daß
beide Behandlungsregime bei abdominellen Infektionen in Frage kommen - eine eindeutige Überlegenheit der Penicillin-Inhibitor-Kombination kann aufgrund dieser Studie nicht als gesichert gelten.
Hinsichtlich der Verträglichkeit ergeben sich weder aus dieser Studie noch aus den Daten der klinischen Prüfung des neuen Medikamentes Auffälligkeiten. Es wurden die üblichen unerwünschten Reaktionen
beobachtet, die nach Gabe von ß-Laktamverbindungen zu erwarten sind (gastrointestinale Störungen, z.B. Übelkeit, Durchfall oder Hautreaktionen).
Das Präparat TAZOBAC ist eine fixe Kombination von Piperacillin (PIPRIL) mit dem neuen
ß-Laktamaseinhibitor Tazobactam (als Monosubstanz nicht im Handel). Das Spektrum des Penicillins wird durch den Kombinationspartner erweitert: Zahlreiche ß-laktamasebildende Bakterien können mit der
Kombination erfaßt werden. Pharmakokinetisch verhalten sich beide Substanzen sehr ähnlich. Da sie überwiegend renal eliminiert werden, muß die Dosierung bei Patienten mit Niereninsuffizienz reduziert
werden. Das Präparat ist in Deutschland nur zur Behandlung von Abdominalinfektionen und einigen anderen, außerhalb des Krankenhauses erworbenen Infektionen zugelassen. Dabei stellt es eine
Alternative zu anderen, länger bekannten Präparaten dar. Eine Überlegenheit gegenüber anderen Antibiotika konnte bisher nicht eindeutig belegt werden.
1. Einführungsbroschüre des Herstellers (Lederle, Wolfratshausen)
2. BRISMAR B, MALMBORG AS et al. Piperacillin-tazobactam versus imipenem-cilastatin for treatment of
intra-abdominal infections. Antimicrob Agents Chemother. 1992
Dec;36(12):2766-73.
Ergänzungen (2000) Literaturhinweise
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 1, 1994) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Tazobactam/Piperacillin publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen werden:
1. SANDERS WE Jr, SANDERS CC. Piperacillin/tazobactam: a critical review of the
evolving clinical literature. Clin Infect Dis. 1996
Jan;22(1):107-23.
2. SCHOONOVER LL, OCCHIPINTI DJ et al. Piperacillin/tazobactam: a new
beta-lactam/beta-lactamase inhibitor combination. Ann Pharmacother. 1995
May;29(5):501-14.
3. BRYSON HM, BROGDEN RN. Piperacillin/tazobactam. A review of its
antibacterial activity, pharmacokinetic properties and therapeutic
potential. Drugs. 1994 Mar;47(3):506-35.
4. HART SM, BAILEY EM. A practical look at the clinical usefulness of the
beta-lactam/beta-lactamase inhibitor combinations. Ann Pharmacother.
1996;30:1130-40.
Ergänzungen (2007) Literaturhinweise
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für
Chemotherapie (Heft 1, 1994) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Piperacillin-Tazobactam publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen
werden:
PERRY CM, MARKHAM A.
Piperacillin/tazobactam: an updated review of its use in the treatment of bacterial infections. Drugs. 1999 May;57(5):805-43.
HOLZHEIMER RG, DRALLE H.
Antibiotic therapy in intra-abdominal infections--a review on randomised clinical trials. Eur J Med Res. 2001 Jul 30;6(7):277-91.
BUCK C, BERTRAM N et al.
Pharmacokinetics of piperacillin-tazobactam: intermittent dosing versus continuous infusion. Int J Antimicrob Agents. 2005 Jan;25(1):62-7.
PAUL M, YAHAV D et al. Empirical
antibiotic monotherapy for febrile neutropenia: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. J Antimicrob Chemother. 2006 Feb;57(2):176-89.
LODISE TP Jr, LOMAESTRO B et al.
Piperacillin-tazobactam for Pseudomonas aeruginosa infection: clinical implications of an extended-infusion dosing strategy. Clin Infect Dis. 2007 Feb 1;44(3):357-63.
Ergänzungen (2015) Literaturhinweise