Unveränderter Text aus ZCT Heft 4, 1993
Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes
Amphotericin B ist seit mehr als 30 Jahren der Goldstandard der systemischen, antimykotischen Therapie. Die gute Wirksamkeit wird allerdings durch die ausgesprochen schlechte Verträglichkeit und die
geringe Löslichkeit deutlich beeinträchtigt. Verschiedene Versuche zur Modifizierung des Moleküls wurden unternommen; die Einbettung in Liposomen war soweit erfolgreich, daß jetzt die Zulassung einer
entsprechenden Formulierung erfolgte.
Amphotericin B ist gekennzeichnet durch die unterschiedlichen physikochemischen Eigenschaften des
Moleküls. Einerseits existiert ein lipophiles Strukturelement aus sieben konjugierten Doppelbindungen, auf der anderen Seite dominieren Hydroxylgruppen. Als Resultat ist eine schlechte Löslichkeit zu
beobachten, die in den üblichen Formulierungen durch die Zugabe des Lösungsvermittlers Natriumdesoxycholat behoben wird. Die Liposomen, in die Amphotericin B eingelagert ist, sind unilamellar und
bestehen aus Sojaphosphatidylcholin, Cholesterol und Distearoylphosphatidylglycerol. Die Liposomen werden durch Gefriertrocknung in eine lagerungsstabile Form überführt. Saccharose und ein
Succinatpuffer sind weitere Hilfsstoffe, die die Kryoprotektion und Stabilität gewährleisten. Amphotericin B wird in die Membranhülle inkorporiert und kann durch Verschmelzung des Liposoms mit der
Pilzzelle in selbige gelangen. Der Wirkungsmechanismus wird durch die Formulierung nicht beeinflußt. Wie weit das Wirkungsspektrum erweitert wird, ist Gegenstand der Forschung.
Wie schon für das konventionelle Amphotericin B ist die Datenlage für das liposomale Amphotericin B
eher unbefriedigend. Vom konventionellen Amphotericin B ist bekannt, daß die Substanz überwiegend gespeichert wird, der Metabolismus ist unbekannt und die terminale Halbwertzeit liegt bei etwa 2
Wochen. Für liposomales Amphotericin B wurde eine terminale Halbwertzeit von 26 bis 38 Stunden angegeben. Ebenso wie konventionelles Amphotericin B wird auch liposomales Amphotericin B überwiegend in
der Leber gespeichert.
Die Einbettung in die Liposomen ermöglicht eine höhere Dosierung, so kann die tägliche Dosis auf bis zu
3 mg/kg KG gesteigert werden. In verschiedenen Studien wurde dokumentiert, daß Patienten, die zuvor mit konventionellem Amphotericin B behandelt worden waren und bei denen entweder die
Nephrotoxizität oder eine mangelnde antimykotische Wirksamkeit einen Therapiewechsel erforderlich machte, liposomales Amphotericin B gut vertrugen und therapeutische Erfolge erreicht werden
konnten.
Es fehlen allerdings noch prospektive, randomisierte Studien, in denen die Wirksamkeit von liposomalem und konventionellem Amphotericin B miteinander verglichen wurden. Die Behandlung mit liposomalem
Amphotericin B erfordert die genaue Beachtung der Herstellungsvorschriften für die Infusionslösungen. Die liposomale Dispersion kann nicht mehr mit den üblichen Membranfiltern sterilfiltriert werden.
Für die intravenöse Infusion läßt der Hersteller nur einen Filter zu, dessen mittlerer Porendurchmesser nicht kleiner ist als 1,0 µm; anderenfalls werden auch die Liposomen aus der Lösung filtriert.
Die neuartige galenische Zubereitung hat ihren Preis, so kostet die 50 mg-Ampulle 653,- DM (Stand 05/93). Bei einer mehrwöchigen Behandlung mit Dosierungen von 2-3 mg/kg KG können somit leicht
mehrere zehntausend DM zusammenkommen.
Es muß berücksichtigt werden, daß die Angaben von Patienten stammen, die einerseits unter schweren Grunderkrankungen litten und andererseits zum größten Teil schon mit konventionellem Amphotericin B behandelt worden waren. Ebenso wie nach Gabe von konventionellem Amphotericin B zeigten sich auch nach Anwendung von liposomalem Amphotericin B in erster Linie Reaktionen der Niere wie Hypokaliämie (20%) und ein Anstieg des Serumkreatinins. Es wurden allerdings auch Fälle beobachtet, bei denen sich eine durch konventionelles Amphotericin B vorgeschädigte Nierenfunktion unter Gabe von liposomalem Amphotericin B verbesserte. Fieber und Schüttelfrost, die sonst häufig zu beobachten sind, traten nach Infusionen von liposomalem Amphotericin B selten auf. Bislang liegen nur als vorläufig zu bezeichnende Erkenntnisse zur Verträglichkeit der neuen Zubereitung vor; diese deuten im Vergleich zum konventionellen Amphotericin B auf eine deutliche Reduzierung der unerwünschten Wirkungen hin.
Liposomales Amphotericin B (AMBISOME) stellt eine neuartige Zubereitung eines bewährten Antimykotikums dar. Erste Ergebnisse deuten auf eine verbesserte Wirksamkeit und Verträglichkeit hin. Die erheblichen Kosten dieser Therapieform und die limitierte Datenlage lassen einen verbreiteten Einsatz von liposomalem Amphotericin B zur Zeit nicht als sinnvoll erscheinen; es sollte eher als Mittel der Reserve betrachtet werden.
BOSWELL GW, BUELL D et al.
AmBisome (liposomal amphotericin B): a comparative review.
J Clin Pharmacol. 1998 Jul;38(7):583-92.
2. HAY RJ. Liposomal amphotericin B, AmBisome.
J Infect. 1994 May;28 Suppl 1:35-43.
3. ADLER-MOORE J. AmBisome targeting to fungal infections.
Bone Marrow Transplant. 1994;14 Suppl 5:S3-7.
4. Ambisome--liposomal amphotericin B.
Drug Ther Bull. 1993 Nov 22;31(24):93-4.
Aktuelle Ergänzungen (November 2005)
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 4, 1993) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Amphotericin B publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen werden:
1. DUPONT B. Overview of the lipid formulations of amphotericin
B.
J Antimicrob Chemother. 2002 Feb;49 Suppl
1:31-6.
2. HERBRECHT R, NATARAJAN-AME S et al. The lipid
formulations of amphotericin B.
Expert Opin Pharmacother. 2003
Aug;4(8):1277-87.