Dolutegravir – aller guten Dinge sind drei

Unveränderter Text aus ZCT Heft 4, 2014

Ergänzungen am Ende des Textes

 

Die Integrase wurde schon bald nach der Entdeckung des HI-Virus als ein sehr vielversprechender Angriffspunkt für antiretroviral wirksame Arzneistoffe erkannt, weil ein entsprechendes Enzym in nicht-infizierten Zellen nicht vorhanden ist.1 Die erste Substanz aus dieser Gruppe, das Raltegravir (ISENTRESS), steht jedoch erst seit 2008 zur Verfügung (vgl. ZCT 2008;29:14-15). Es wird zunehmend häufig in Kombination mit zwei weiteren Wirkstoffen zur antiretroviralen Therapie angewandt. Erst vor etwa einem Jahr kam mit Elvitegravir (in: STRIBILD) ein weiterer Integrase-Inhibitor in den Handel. Dieser Wirkstoff ist nur in Form eines fixen Kombinationspräparates zur einmal täglichen Einnahme verfügbar. Die weiteren Inhaltsstoffe von STRIBILD sind Emtricitabin (EMTRIVA), Tenofovir (VIREAD) und Cobicistat (als Monosubstanz nicht verfügbar). Der Zusatz des CYP-Inhibitors Cobicistat in diesem Arzneimittel ist notwendig, um einen raschen Metabolismus von Elvitegravir zu verhindern (vgl. ZCT 2013;34:34-36). Mit Dolutegravir (TIVICAY) wurde nun ein dritter Integrase-Inhibitor zugelassen, der in Kombination mit zwei weiteren Substanzen zur antiretroviralen Therapie von therapienaiven und bereits vorbehandelten Patienten eingesetzt werden kann.2,3

 

Antivirale Aktivität, Resistenz

 

Dolutegravir hemmt die HIV-Integrase, indem es an das aktive Zentrum der Integrase bindet und den Strangtransfer und damit die Integration der retroviralen DNA in das Wirtsgenom hemmt. Die antivirale Aktivität wurde in Zellkulturen untersucht. Die IC50-Werte (Konzentration, bei der eine 50%ige Inhibition erfolgt) liegen im Bereich von 0,02 bis 2 nM (1 nM = 0,42 µg/l).2

Strukturformel Dolutegravir. Es bestehen einige Gemeinsamkeiten mit den Strukturen der beiden anderen Integrase-Inhibitoren Raltegravir und Elvitegravir. Alle drei Verbindungen weisen eine Affinität zu di- und trivalenten Kationen, wie z.B. Magnesium

 

Zu den größten Problemen jeder antiretroviralen Therapie gehört das Risiko für eine Resistenzentwicklung. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, dass Dolutegravir sich relativ langsam vom Integrase-DNA-Komplex ablöst. Die Halbwertzeit für diesen Dissoziationsprozess wurde mit 71 Stunden ermittelt. Im direkten Vergleich lagen die entsprechenden Zeiten für die beiden anderen Inhibitoren bei 8,8 Stunden (Raltegravir) und 2,7 Stunden (Elvitegravir). Die lange Blockade scheint einer raschen Resistenzentwicklung entgegenzuwirken.4

 

Die in vitro-Untersuchung der Resistenzentwicklung erfolgte mittels serieller Passage. Bei der Passage über drei bis vier Monate traten die selektierten Mutationen langsam auf, mit Substitutionen an Position S153Y und F, was zu einer maximal vierfach veränderten Empfindlichkeit führte. Diese Mutationen wurden in der klinischen Prüfung bei Patienten nicht beobachtet. Primärmutationen gegen die anderen beiden Integrase-Inhibitoren Raltegravir und Elvitegravir (z. B. Q148H/R/K) hatten als Einzelmutation keinen Effekt auf die in vitro-Empfindlichkeit von Dolutegravir. Bei Vorliegen einer Integrase-Inhibitor-Resistenz kann die Aktivität von Dolutegravir jedoch eingeschränkt sein, wenn die Viruspopulation eine Mutation an der Position Q148 und mehr als zwei Sekundärmutationen aufweist. In welchem Ausmaß Dolutegravir bei Vorliegen einer solchen Integrase-Inhibitor-Resistenz eine zusätzliche Wirksamkeit bietet, ist nicht bekannt.2

 

Pharmakokinetische Eigenschaften

 

Maximale Plasmakonzentrationen werden ca. zwei bis drei Stunden nach oraler Gabe von Dolutegravier erreicht. Die Bioverfügbarkeit ist bei Nüchterneinnahme ausreichend, sie wird jedoch durch Nahrungsmittel erhöht. Bei hohem Fettgehalt der Nahrung waren die Konzentrationen um ca. 66% erhöht.2 Dolutegravir wird hauptsächlich durch Glucuronidierung über UGT1A1 und in geringem Maße über CYP3A metabolisiert. Etwa 20% der verabreichten Dosis werden in Form des Glucuronids von Dolutegravir  über den Urin ausgeschieden. Eine Dosisanpassung unter Berücksichtigung des UGT1A1-Polymorphismus ist nicht notwendig, wie eine Auswertung der Teilnehmer von neuen klinischen Studien zeigte.5 Die renale Ausscheidung in unveränderter Form ist gering (< 1 % der Dosis), etwa die Hälfte der gesamten oralen Dosis wird unverändert im Stuhl ausgeschieden. Weitere Daten zur Pharmakokinetik des Arzneistoffs können der Tabelle 1 entnommen werden.

 

Tabelle 1 – Pharmakokinetik von Dolutegravir nach mehrfacher Einnahme von 50 mg täglich

 

 

 

Parameter

 

Mittelwert

Cmax  (mg/l)

3,7

Cmin  (mg/l)

1,1

AUC0-12 (mg/l x h)

54

Verteilungsvolumen (l)

17

Plasmaproteinbindung (%)

>99%

Metabolismus

UGT1A1 (CYP3A4)

Renale Elimination (unverändert)

<1%

t½ (h)

12 – 14

CLss (l/h)

1,0

 

mod. nach: Rathbun, 20146 und Cottrell et al., 20137

 

Therapeutische Wirksamkeit

 

Die Wirksamkeit von Dolutegravir wurde bei mehr als 2500 therapienaiven und antiretroviral vorbehandelten Patienten untersucht. Insgesamt werden bei www.clinicaltrials.gov 63 klinische Studien mit Dolutegravir gelistet. In der SINGLE-Studie erhielten bisher nicht vorbehandelte Patienten entweder 1 x tgl. 50 mg Dolutegravir in Kombination mit Abacavir plus Lamivudin (KIVEXA) oder die Dreierkombination ATRIPLA (= Efavirenz, Tenofovir, Emtricitabin) jeweils einmal täglich.8 Es nahmen insgesamt mehr als 800 Patienten an der Doppelblindstudie teil. Wegen des bekannten Risikos für schwere Hautreaktionen unter Abacavir bei Patienten mit HLA-B*5701 Allel, wurden nur Teilnehmer eingeschlossen, die negativ für dieses Allel waren. Nach 48 Wochen erwies sich die Kombination mit Dolutegravir als signifikant überlegen: bei 88% der Teilnehmer waren weniger als 50 RNA-Kopien/ml Blut nachweisbar im Vergleich zu 81% in der ATRIPLA-Gruppe. Der Anstieg der CD4-Zellzahlen lag bei 267 vs. 208 Zellen/ml Blut. Die Unterdrückung der viralen Vermehrung wurde innerhalb von 28 Tagen erreicht (Vergleichsgruppe: 84 Tage).

 

Im direkten Vergleich mit Raltegravir (2 x tgl. 400 mg) erwies sich Dolutegravir (1 x tgl. 50 mg) als nicht unterlegen. In der Doppelblindstudie SPRING-2 erhielten mehr als 800 Patienten nach Wahl des verantwortlichen Arztes entweder die Kombination Tenofovir plus Emtricitabin (TRUVADA) oder Abacavir plus Lamivudin als Nukleosid-Therapie und in randomisierter Zuteilung einen der beiden Integrase-Inhibitoren. Nach 96 Wochen waren die RNA-Kopien bei 81% der mit Dolutegravir Behandelten unterhalb der Nachweisgrenze von 50 RNA-Kopien/ml, in der Vergleichsgruppe war dies bei 76% der Fall.9

 

In der SAILING-Studie erhielten Patienten mit einer Virämie von mindestens 400 Kopien / ml während der antiretroviralen Behandlung entweder Dolutegravir oder Raltegravir plus eine optimierte Begleittherapie. Auch unter diesen Bedingungen zeigte sich mit Dolutegravir das bessere Ergebnis: die RNA-Kopien lagen unter der Nachweisgrenze bei 71% bzw. 64% der Patienten.10 Selbst bei Infektionen mit Viren, die gegen andere Integrase-Inhibitoren Resistenz zeigten, erwies sich Dolutegravir als wirksam. Allerdings wurde in der VIKING-3-Studie das Arzneimittel zweimal täglich gegeben. In dieser offenen, nicht-vergleichenden Studie lagen die RNA-Kopien nach 24 Wochen bei 69% der Teilnehmer unter 50/ml Blut.11

 

Verträglichkeit

 

Innerhalb der ersten Behandlungswoche mit Dolutegravir werden erhöhte Serum-Kreatininwerte gemessen, die bei weiterer Behandlung nicht zurückgehen. Nach 48 Behandlungswochen wurde eine mittlere Änderung von etwa 10 μmol/l gegenüber dem Ausgangswert festgestellt. Der Anstieg war unabhängig von der jeweiligen antiretroviralen Komedikation und wird als klinisch nicht relevant erachtet, da er nicht auf eine Änderung der glomerulären Filtrationsrate zurückgeht, sondern durch Hemmung der Transportproteine in der Niere verursacht wird.2

 

Die Therapieabbruchrate in den Zulassungsstudien war niedrig. Wegen unerwünschter Wirkungen wurde in der SINGLE-Studie die Therapie im Dolutegravir-Arm (plus Tenofovir und Emtricitabin) bei 2% der Teilnehmer abgebrochen, in der Vergleichsgruppe mit Efavirenz (plus Abacavir und Lamivudin) waren es 10%. Exantheme und neuropsychiatrische Symptome waren in der Efavirenz-Gruppe häufiger, in der Dolutegravir-Gruppe klagten die Patienten häufiger über Schlaflosigkeit.12

 

Unter Dolutegravir wurden Überempfindlichkeits­reaktionen berichtet, die durch Hautausschlag, Allgemeinsymptome und in manchen Fällen Organ-dysfunktion einschließlich schwerer Leberreaktionen gekennzeichnet waren.

 

Interaktionen mit anderen Arzneimitteln

 

Obwohl im Metabolismus des Stoffes die Phase-II-Elimination überwiegt, und der Einfluss auf Cytochrom-abhängige Monooxygenasen gering ist, sind zahlreiche, klinisch relevante Arzneimittelinteraktionen möglich (s. Tabelle 2 am Ende des Textes). Dolutegravir hat – wie die beiden anderen Integrase-Inhibitoren – eine hohe Affinität zu di- oder trivalenten Kationen. Magnesium- oder aluminiumhaltige Antazida reduzieren die Dolutegravir-Spiegel um mehr als 70%.2 Sie müssen mit deutlichem zeitlichen Abstand zur Einnahme von Dolutegravir genommen werden (mindestens zwei Stunden danach oder sechs Stunden davor). Auch Enzym-induzierende Arzneistoffe, wie Tipranavir (APTIVUS), Rifampicin (EREMFAT u.a.) und bestimmte Antiepileptika, wie zum Beispiel Carbamazepin (TEGRETAL u.a.), können wahrscheinlich zu einer Abnahme der Konzentrationen führen. Von einer gleichzeitigen Anwendung von Johanniskraut-Präparaten wird strengstens abgeraten.2

 

Dolutegravir hemmt den renalen organischen Kationentransporter 2 (OCT2) und den Multidrug- und Toxin-Extrusion-Transporter (MATE) 1. Es kann daher die Plasmakonzentrationen von Arzneimitteln, die über diese Transporter eliminiert werden, erhöhen. Hierzu gehört z. B. Metformin (zahlreiche Handelsnamen).2 Entsprechende Studien zur genaueren Untersuchung dieser Wechselwirkung werden derzeit durchgeführt.

 

ZUSAMMENFASSUNG:

 

Dolutegravir (TIVICAY) ist der dritte Integrase-Inhibitor, der zur Behandlung einer Infektion mit HI-Viren zur Verfügung steht (Tabelle 3). Im Gegensatz zu Raltegravir (ISENTRESS) wird er nur einmal täglich verabreicht und im Unterschied zu Elvitegravir (in: STRIBILD) ist ein CYP-Inhibitor zur Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften nicht notwendig. Die Ablösung vom Integrase-DNA-Komplex erfolgt langsamer als bei den beiden anderen Integrase-Inhibitoren. Daraus leiten sich theoretische Vorteile hinsichtlich der Resistenzrisiken ab. Die relativ hohe Schwelle für eine Resistenz des Virus wurde auch bei in vitro-Experimenten und während der klinischen Prüfung beobachtet. Bei nicht vorbehandelten Patienten war das Dolutegravir-haltige Regime (zusammen mit Abacavir plus Lamivudin, TRUVADA) signifikant besser wirksam und besser verträglich als die Efavirenz-basierte Therapie mit ATRIPLA (Efavirenz, Tenofovir, Emtricitabin). Allerdings wurden nur HLA-B*5701-negative Patienten eingeschlossen, da schwere Abacavir-assoziierte Hautreaktionen bei Personen, die dieses Allel aufweisen, auftreten können. Auch in anderen Studien war die Verträglichkeit gut. Eine Reihe von klinisch relevanten Arzneimittel­interaktionen muss beachtet werden.

 

Tabelle 3 - Integrase-Inhibitoren im Vergleich

 

 

Freiname

 

Raltegravir

 

Elvitegravir

 

Dolutegravir

Handelsname

ISENTRESS

STRIBILD*

TIVICAY

Einführung

2008

2013

2014

Formulierung

Monosubstanz

nur in Kombi­nation mit CYP-Inhibitor („booster“) und anderen Wirk­stoffen*

Monosubstanz

Dosierung

2 x tgl. 400 mg

1 x tgl. 150 mg

1 x tgl. 50 mg

Halbwertzeit

9 Std.

12,9 Std

14 Std.

Interaktionen z. B.

Polyvalente Kationen

Polyvalente Kationen

Polyvalente Kationen

 

 

 

 

 

*STRIBILD = 150 mg Elvitegravir, 150 mg Cobicistat, 200 mg Emtricitabin, 245 mg Tenofovirdisoproxil

 

Referenzen

 

1. HAZUDA, D.J. et al.,

Science 2000; 287:646-650

 

2. Fachinformation, TIVICAY, ViiV Healthcare UK Limited, Januar 2014 (www.fachinfo.de)

 

3. AREVALO, J.L.B. und WHITLOCK, G.G.

Expert Opin Pharmacother 2014; 15:573-582

 

4. HIGHTOWER, K. E. et al.

Antimicrob Agents Chemother 2011; 55:4552-4559

 

5. CHEN, S. et al.

Pharmacogenomics 2014; 15:9-16

 

6. RATHBUN, R.C. et al.

Ann Pharmacother 2014; 48:395-403

 

7. COTTRELL, M.L. et al.

Clin Pharmacokinet 2013; 52:981-994

 

8. WALMSLEY, S.L. et al.

N Engl J Med 2013; 369:1807-1818

 

9. RAFFI, F. et al.

Lancet Inf Dis 2013; 13:927-935

 

10. CAHN, P. et al.

Lancet 2013; 382: 700-708

 

11. CASTAGNA, A. et al.

J Infect Dis 2014 (advance access, 23. Februar)  

 

12. DEL MAR GUTIERREZ, M. et al.

Expert Opin Drug Saf 2014; 13:431-445

 

 

Tabelle 2

Wechselwirkungen zwischen Dolutegravir und anderen Arzneimitteln

 

Arzneimittel

Veränderung der AUC von Dolutegravir

Bemerkung


Antiretroviral wirksame Arzneimittel

 

Atazanavir / Ritonavir

↑ 62%

 

Darunavir / Ritonavir

↓ 32%

 

Fosamprenavir / Ritonavir

↓ 35%

 

Lopinavir / Ritonavir

 

Tipranavir / Ritonavir

↓ 59%

 

Efavirenz

↓ 57%

Dosis von Dolutegravir erhöhen auf 2 x tgl. 50 mg

Etravirin

↓ 71%

Nur anwenden, wenn gleichzeitig „geboosterte“ Protease-Inhibitoren wie z. B. Lopinavir oder Darunavir gegeben werden

Etravirin + Lopinavir / Ritonavir

↑ 10%

 

Etravirin + Darunavir / Ritonavir

↓ 25%

 

 

Arzneimittel zur Therapie der Hepatitis C

 

Boceprevir

 

Telaprevir

↑ 25%

 

 

Arzneimittel mit polyvalenten Kationen

 

Antazida (Mg2+-, Al3+-haltig)

↓ 74%

zeitlichen Abstand einhalten

Calciumhaltige Ergänzungsmittel

↓ 39%

zeitlichen Abstand einhalten

Eisenhaltige Ergänzungsmittel

↓ 54%

zeitlichen Abstand einhalten

 

Weitere Arzneimittel

 

Ethinylestradiol

 

Johanniskraut-Präparate

↓ (n.u.)

von der gleichzeitigen Anwendung wird strengstens abgeraten

Metformin

↑ (n. u.)

Anstieg erwartet durch Hemmung des OCT-2 Transporters;

Anpassung der Metformin-Dosis kann notwendig sein

Methadon

 

Prednison

 

Rifampicin

↓ 54%

Dosis von Dolutegravir erhöhen auf 2 x tgl. 50 mg

 

n.u. = nicht untersucht

↓ = Reduktion der AUC-Werte von Dolutegravir

↑= Anstieg der AUC-Werte von Dolutegravir

↔ = keine klinisch relevante Veränderung der AUC-Werte von Dolutegravir

mod. nach Fachinformation TIVICAY 50 mg Filmtabletten

 

 

 

Ergänzungen

 

Hinweise:

1. HIV - ein umfangreiches Buch ist unter hivbuch.de kostenlos als PDF-Datei verfügbar


2. Aktuelle Informationen in englischer Sprache über geeignete Arzneimittel, Behandlungsrichtlinien, aktuelle klinische Studien und andere Aspekte der antiretroviralen Therapie finden Sie unter www.aidsinfo.nih.go

 

 

Ergänzung (März 2015)

Triumeq - ein weiteres Kombinationspräparat zur einmal täglichen antiretroviralen Therapie

 

 

Unter dem Namen TRIUMEQ steht eine fixe Kombination zur einmal täglichen antiretroviralen Behandlung aus den drei Wirkstoffen Lamivudin, Abacavir (zusammen in KIVEXA) und Dolutegravir (TIVICAY) zur Verfügung. Es handelt sich um das einzige Kombinationspräparat zur einmal täglichen Therapie, das nicht Tenofovir (VIREAD) enthält. Wirksamkeit und Verträglichkeit sind insgesamt gut, allerdings sind Patienten mit dem HLA-B*5701 Allel ausgeschlossen, da sonst Abacavir-verursachte schwere Hautreaktionen zu befürchten sind.

 

Literaturhinweis:

 

Gandhi M, Gandhi RT. Single-pill combination regimens for treatment of HIV-1 infection. N Engl J Med. 2014;371:248-59

 

 

Ergänzung (März 2018)

Juluca – ein neues Dolutegravir-haltiges Kombinations-präparat

 

Mit einer Kombination des Integraseinhibitors Dolutegravir und Rilpivirin, einem Hemmstoff der reversen Transkriptase, ist erstmals eine Zweifachtherapie der HIV-Infektion möglich. Das Kombinationspräparat JULUCA wurde am 22. März 2018 vom Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA (CHMP) zur Zulassung empfohlen. Die Zweierkombination ist geeignet zur Behandlung der HIV-1-Infektion bei Erwachsenen, die seit mindestens sechs Monaten stabil virologisch supprimiert sind. Das Arzneimittel wurde bereits im November 2017 von der US-amerikanischen FDA zugelassen.

 

EMA, Juluca (Dolutegravir / Rilpivirin), Summary of opinion (initial authorisation), 22 March 2018

 

 

Ergänzung (Juni 2018)

 

Rote Hand Brief

Dolutegravir in der Schwangerschaft – vorläufige Daten zeigen Assoziation mit Fehlbildungen

 

Unter 426 Kindern von Müttern, die während der Schwangerschaft mit Dolutegravir behandelt wurden, gab es vier Neugeborene mit einem Neuralrohrdefekt (0,9%). Unter mehr als 11.000 Schwangeren, die andere antiretrovirale Regime erhielten, lag die Häufigkeit bei 0,1%. Dies ist das vorläufige Ergebnis einer Beobachtungsstudie an schwangeren Frauen in Botswana. Eine endgültige Beurteilung der Daten wird erst in ca. einem Jahr erwartet. Tierexperimentelle Studien haben keinen Hinweis auf ein teratogenes Potenzial von Dolutegravir oder anderen Integrase-Inhibitoren gegeben. Die EMA und andere Behörden empfehlen aus Vorsichtsgründen einen Wechsel zu einem anderen Arzneimittel bei Frauen mit Kinderwunsch.

 

Rote Hand Brief Dolutegravir (1. Juni 2018)

 

EMA, Pressemitteilung 18. Mai 2018, New study suggests risk of birth defects in babies born to women on HIV medicine dolutegravir.

 

 

Ergänzung (Juli 2019)

 

Dolutegravir in der Schwangerschaft – neue Daten zum Risiko für kindliche Fehlbildungen

 

Vor etwa einem Jahr verbreitete sich die überraschende Meldung über mögliche teratogene Wirkungen von Dolutegravir. Auffällig war eine Assoziation zwischen der Einnahme von Dolutegravir in der Frühschwangerschaft und Neuralrohrdefekten bei den Neugeborenen. In der Studie aus Botswana lag die Inzidenz bei ca. 0,9% verglichen mit einer erwarteten Hintergrundinzidenz von etwa 0,1%. (vgl. Infektio Aktuell vom 3. Juni 2018). Eine abschließende Auswertung der zugrunde liegenden Studie zeigte nun, dass die Risikoerhöhung geringer ist, als zunächst befürchtet: sie liegt bei 0,3%.1 Auf der Basis dieser Daten empfiehlt die WHO Dolutegravir nun jedoch als bevorzugtes Medikament für alle Personengruppen einschließlich schwangerer Frauen, denn im Vergleich zu den möglichen Alternativen ist Dolutegravir besser verträglich und eine Resistenz entwickelt sich seltener.2 Weitere Studien sollen nun untersuchen, ob sich durch eine frühzeitige Folsäuresupplementierung das Fehlbildungsrisiko reduzieren lässt.

 

1. Zash R et al. Neural-Tube Defects and Antiretroviral Treatment Regimens in Botswana. N Engl J Med. 2019 Jul 22. [Epub ahead of print] PubMed PMID: 31329379.

 

2. WHO recommends dolutegravir as preferred HIV treatment option in all populations, 22 July 2019.

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