Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes
Pristinamycine wurden bereits 1962 als Stoffwechselprodukt von Streptomyces pristinae spiralis isoliert. Die Pristinamycine werden mit weiteren, ähnlich
strukturierten Antibiotika als Streptogramine zusammengefaßt. Man hat sie früher auch als "synergistische Antibiotika“ bezeichnet, da sie aus zwei Fraktionen A und B bestehen, die sich in ihrer
Wirkung synergistisch ergänzen. Die Naturstoffe sind für die antibakterielle Therapie ungeeignet, da sie meist schwer wasserlöslich sind. Aus den Pristinamycinen IA und IIA konnten jedoch
halbsynthetisch die Derivate Quinupristin und Dalfopristin hergestellt werden. In einer 30:70-Mischung stehen sie nun unter dem Handelsnamen SYNERCID zur parenteralen Therapie zur
Verfügung.1
Quinupristin und Dalfopristin binden an bakterielle Ribosomen und hemmen bei der Proteinbiosynthese die Elongation. Sie hemmen die Bildung der Peptidbindung, wodurch unvollständige Peptidketten gebildet werden. Aufgrund der synergistischen Aktivität ist die antibakterielle Wirkung in Kombination etwa 10fach höher als die der Einzelkomponenten.
Es werden vor allem grampositive Erreger erfaßt. Von besonderer Bedeutung ist die hohe Aktivität des
Kombinationspräparates gegen:
- S. aureus und Koagulase-negative Staphylokokken, einschließlich Methicillin-resistenter Stämme (MRSA) und Glykopeptid-intermediärer Stämme (GISA),
- Enterococcus faecium, einschießlich Ampicillin- und Glykopeptid-resistenter sowie Aminoglykosid-hochresistenter Stämme (E. faecalis ist resistent!),
- sowie S. pneumoniae, einschließlich Penicillin- und/oder Makrolid-resistenter Stämme.
Die minimalen Hemmkonzentrationen dieser Erreger liegen bei 1 mg/l oder darunter.
Im gramnegativen Bereich des Spektrums erweisen sich M. catarrhalis und H. influenzae als empfindlich. Auch Neisserien, Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen sind sensibel, Enterobakterien und
Pseudomonaden sind jedoch resistent.
Die empfohlene Dosis beträgt 7,5 mg/kg Körpergewicht, die 2 bis 3 mal täglich verabreicht werden soll.
Nach einstündiger Infusion dieser Dosis liegen die Konzentrationen im Plasma bei 2,8 mg/l (Quinupristin) und bei 7,2 mg/l (Dalfopristin). Dalfopristin bindet mit 10 bis 36% nur in geringem Maße an
Plasmaproteine, während die Bindung von Quinupristin höher ist (55 bis 94%).
Die Eliminationshalbwertzeit wurde bei gesunden Probanden mit etwa 1 Stunde bestimmt. Die antibakterielle Wirkung hält jedoch länger an als aufgrund der kurzen Halbwertzeit vermutet werden kann. Ein
Grund dafür ist wahrscheinlich die Anreicherung in Makrophagen: in Leukozyten konnten bis zu 70fach höhere Konzentrationen nachgewiesen werden als im Plasma.
Beide Wirkstoffe werden zu etwa 80% mit den Fäces ausgeschieden. Da die renale Elimination unbedeutend ist, muß die Dosierung bei Niereninsuffizienz nicht reduziert werden. Dagegen wird bei Patienten
mit chronischer Leberinsuffizienz oder Zirrhose die Reduktion der Einzeldosis auf 5 mg/kg empfohlen.
Dem antibakteriellen Wirkspektrum entsprechend wurde Quinupristin-Dalfopristin bei Patienten mit Infektionen durch grampositive Erreger angewandt.1,2 Bei Patienten mit komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen zeigte das neue Antibiotikum eine etwa gleich gute klinische Wirksamkeit wie die Vergleichssubstanzen [z.B. Vancomycin (VANCOMYCIN CP) oder Oxacillin (STAPENOR)]. Auch bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie durch grampositive Erreger erwies sich Quinupristin-Dalfopristin als gleich gut wirksam wie Vancomycin. In einer multizentrischen Studie bei schwerstkranken Patienten, die entweder durch Vancomycin-resistente Enterokokken infiziert waren oder bei denen andere Präparate versagt hatten, sprachen in der bakteriologisch auswertbaren Patientengruppe zwei von drei Patienten auf die Therapie an.3
Gastrointestinale Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö, wurden nach
Quinupristin-Dalfopristin etwa gleich häufig beobachtet wie in den Vergleichsgruppen. Myalgien und Arthralgien treten nach Quinupristin-Dalfopristin-Gabe offenbar dosisabhängig auf. Der Mechanismus
dieser Wirkung ist unklar. Bei Infusion in eine periphere Vene kommt es häufig zu lokalen Irritationen, die sich als Entzündung, Schmerzen, Ödem und seltener als Thrombose und Phlebitis äußern. Die
lokalen Reizwirkungen können durch eine zentral-venöse Verabreichung verhindert werden. Weiterhin war eine Erhöhung des konjugierten Bilirubins nach Behandlung mit Quinupristin-Dalfopristin
auffällig; dies scheint nach den bisherigen Erkenntnissen jedoch nicht mit einer allgemeinen hepatischen Störung zu korrelieren. Alle beobachteten Nebenwirkungen waren nach Absetzen des Antibiotikums
reversibel.4
Quinupristin-Dalfopristin ist ein Hemmstoff der hepatischen Monooxygenase CYP3A4. Dadurch ergeben sich potentielle Interaktionen mit anderen Arzneistoffen, die über dieses wichtige
Fremdstoff-metabolisierende Enzym verstoffwechselt werden [z.B. Ciclosporin (SANDIMMUN), Indinavir (CRIXIVAN) und andere Proteaseinhibitoren). Andere Cytochrome werden offenbar nicht
gehemmt.
Zusammenfassung
Das Antibiotikum SYNERCID stellt eine Mischung aus Quinupristin und Dalfopristin im Verhältnis 30:70 dar. Dabei handelt es sich um Derivate von Pristinamycin, das zu den Streptograminen gehört. Quinupristin / Dalfopristin wird parenteral bei Infektionen durch grampositive Erreger angewandt. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass es auch bei den meisten multiresistenten, grampositiven Erregern nosokomialer Infektionen wirksam ist. Als unerwünschte Wirkung muß vor allem die lokale Irritation bei Infusion in periphere Venen genannt werden; darüber hinaus kommt es dosisabhängig zu Myalgien, Arthropathien und zu einer Hyperbilirubinämie. Angesichts der zu erwartenden weiteren Zunahme resistenter grampositiver Bakterien als Erreger nosokomialer Infektionen wird die Bedeutung des neuen Antibiotikums – trotz der nicht optimalen Verträglichkeit – weiter zunehmen.
1. LAMB HM, FIGGITT DP et al. Quinupristin/dalfopristin: a review of its use in the
management of serious
gram-positive infections. Drugs. 1999 Dec;58(6):1061-97.
2. JOHNSON AP, LIVERMORE DM. Quinupristin/dalfopristin, a new addition to
the antimicrobial
arsenal. Lancet. 1999 Dec 11;354(9195):2012-3.
3. MOELLERING RC. Quinupristin/dalfopristin: therapeutic potential for
vancomycin-resistant
enterococcal infections. J Antimicrob Chemother. 1999
Sep;44 Suppl A:25-30.
4. RUBINSTEIN E, PROKOCIMER P et al. Safety and tolerability of
quinupristin/dalfopristin:
administration guidelines. J Antimicrob Chemother. 1999
Sep;44 Suppl A:37-46.
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie sind zahlreiche weitere Arbeiten zu SYNERCID publiziert
worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Übersichtsarbeiten hingewiesen werden:
die folgenden Übersichtsarbeiten hingewiesen werden:
1. BLONDEAU JM, SANCHE SE. Quinupristin/dalfopristin.
Expert Opin Pharmacother. 2002
Sep;3(9):1341-64.
2. ALLINGTON DR, RIVEY MP. Quinupristin/dalfopristin: a therapeutic
review.
Clin Ther. 2001 Jan;23(1):24-44.
3. DELGADO G Jr, NEUHAUSER MM et al. Quinupristin-dalfopristin: an
overview.
Pharmacotherapy. 2000 Dec;20(12):1469-85.
4. LIVERMORE DM. Quinupristin/dalfopristin and linezolid: where, when,
which and whether to use?
J Antimicrob Chemother. 2000
Sep;46(3):347-50.
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie sind zahlreiche weitere Arbeiten zu Quinupristin/Dalfopristin publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Übersichtsarbeiten hingewiesen werden:
HARMS JM, SCHLUNZEN F et al.
Alterations at the peptidyl
transferase centre of the ribosome induced by the synergistic action of the streptogramins dalfopristin and quinupristin. BMC Biol. 2004 Apr 1;2:4.
HANCOCK RE. Mechanisms of action
of newer antibiotics for Gram-positive pathogens.
Lancet Infect Dis. 2005 Apr;5(4):209-18.
Das Präparat Synercid® ist in Deutschland nicht mehr im Handel. In den USA wird es von Monarch Pharmaceuticals, Inc. angeboten (www.synercid.com)