Cefotiam

der Cephalosporinmarkt wächst weiter

 

Unveränderter Text aus ZCT Heft 2, 1982

Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes

Pilze sind in der Natur für ihr rasches Wachstum unter geeigneten Lebensbedingungen bekannt. Auch der Volksmund spricht von "Pilzen, die aus dem Boden schießen", wenn es gilt, eine extreme Vermehrungssituation zu umschreiben.
Cephalosporine wurden ursprünglich aus Pilzkulturen isoliert. Betrachtet man heute die stürmische Entwicklung dieser ß-Lactam-Antibiotika, so kann man vermuten, daß etwas von den einzigartigen Vermehrungsgewohnheiten der Pilze auf ihre antibiotischen Produkte übergegangen ist. - Mit Cefotiam (HALOSPOR, SPIZEF) wird das fünfte parenterale Cephalosporin innerhalb von zwei Jahren in der Bundesrepublik auf den Markt gebracht.

 


Mikrobiologie1,2,3

 

In der Entwicklung der Cephalosporine ist eine Tendenz zur verbesserten Aktivität im gramnegativen Bereich, bei Abnahme der Wirkung auf grampositive Erreger, zu erkennen. Geht man von den jüngsten Vertretern der Gruppe wie Cefoperazon (CEFOBIS) und Lamoxactam (MOXALACTAM) aus, so wurde diese Linie bei Cefotiam nicht fortgesetzt.
Man findet nur wenige, direkte mikrobiologische Vergleichsuntersuchungen im gramnegativen Bereich mit den zuletzt genannten Präparaten. Sie wurden mit Cefotiam hauptsächlich in ihrer Aktivität auf Staphylokokken und andere grampositive Erreger verglichen. Paralleluntersuchungen bei gramnegativen Enterobakterien wurden dagegen mit den älteren Antibiotika Cefazolin (ELZOGRAM, GRAMAXIN), Cefuroxim (ZINACEF) und Cefoxitin (MEFOXITIN) veröffentlicht. Hier wird eine geringe Überlegenheit des neuen Präparates deutlich. Nicht sensibel sind Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa und die meisten Stämme von Enterobacter, indolpositiven Proteus und Serratia.
Durch den Einbau einer Methoximinogruppe wurde Cefotiam bereits heute zum Cefmenoxim weiterentwickelt (!), das sich z.Zt. in der klinischen Prügung befindet. Diese Substanz besitzt ähnliche Eigenschaften wie
Cefotaxim (CLAFORAN) oder Lamoxactam. Die Entwicklung im Labor scheint derartig schnell voranzuschreiten, daß die klinische Bewertung nicht mehr nachkommt.



Pharmakokinetik

 

Cefotiam besitzt eine relativ kurze Halbwertzeit (45-55 min). Es wird zu 75% unverändert renal eliminiert. Die Proteinbindungsrate beträgt 40%.

 


Klinik

 

In mehreren klinischen Studien wurde seine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Harnwegs- und Atemwegsinfektionen nachgewiesen. Es wurde mit Erfolg in der Gynäkologie, Pädiatrie und anderen Fachrichtungen erprobt und erwies sich in Vergleichsuntersuchungen als ebenso effektiv wie z.B. Cefamandol (MANDOKEF). Im Vergleich zu Cefazolin konnte bei Harnwegsinfektionen eine geringe therapeutische Überlegenheit festgestellt werden. Ob sich das neue Mittel im klinischen Alltag behaupten wird, läßt sich heute noch nicht abschließend beurteilen. Sein etwas eingeschränktes Wirkungsspektrum im Vergleich zu den "Super-Breitspektrum-Antibiotika" bedeutet für den klinischen Einsatz nicht unbedingt einen Nachteil. Bei gleicher Wirksamkeit sollte immer das Präparat mit dem engsten Spektrum eingesetzt werden, um die Gefahren von Resistenzentwicklung und Superinfektionen möglichst gering zu halten. Ein weiterer nicht unwesentlicher Punkt, der für Cefotiam spricht, ist sein vergleichsweise niedriges Preisniveau. Dieser Vorteil wird allerdings erst bei der vom Hersteller empfohlenen niedrigen Dosierung von 2-mal 1,0 g/Tag voll zu Buche schlagen. Ob sich angesichts der kurzen Halbwertzweit der Substanz nicht doch eher eine 3 bis 4mal tägliche Gabe empfiehlt, bedarf der weiteren Klärung. Spätestens bei der empfohlenen Kombination mit Cefsulodin (PSEUDOCEF, PSEUDOMONIL) zur Erweiterung des Spektrums wird der Preisvorteil verschwinden - dieses "Pseudomonas-Antibiotikum" ist heute das teuerste Präparat unter allen Cephalosporinen.


ZUSAMMENFASSUNG

 

Cefotiam (HALOSPOR, SPIZEF) ist ein neues parenterales Cephalosporin mit besseren mikrobiologischen Eigenschaften als Cefazolin (ELZOGRAM, GRAMAXIN). Seine Wirksamkeit umfaßt allerdings nicht so viele Erreger wie die kürzlich eingeführten Cephalosporine mit extrem weitem antibakteriellem Spektrum. Es wird mit einer relativ kurzen Halbwertzeit von 50 Minuten zu ca. 75% unverändert eliminiert. In einigen klinischen Untersuchungen hat es sich vor allem bei Harnwegs- und Atemwegsinfektionen bewährt. Cefotiam dürfte das dritte Basiscephalosporin - neben Cefazolin und Cefaz.......(RE OSPORIN) - sein.


 
1 TSUCHIYA, K. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 14: 557-568, 1978
2 BODEY, G.P. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 20: 226-230, 1981
3 TSUCHIYA, K. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 19: 56-65, 1981
4 FU, K.P. ICAAC 1981, Chicago, Abstract 611
5 KAHN, M. et al. ICC 1981, Florenz, Abstract 590
6 ISHIGAMI, J. et al. Proc. 11th ICC/19th ICAAC, Boston, Vol. 1, 218-220, 1979

 

 



Aktuelle Ergänzungen (November 2000)

 

Cefotiam wird nach einer Einhttp://cms09.website-start.de/app/843839795/1766893/teilung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie in die "Gruppe 2" (sogenannte 2. Generation) eingeordnet (NN, Chemother. J. 1994; 3:101-115). Es besitzt damit ähnliche Eigenschaften wie Cefuroxim oder Cefamandol.

Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 2, 1982) sind weitere Arbeiten über Cefotiam publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgende Publikation hingewiesen werden:

Brogard JM, Jehl F, Willemin B, Lamalle AM, Blickle JF, Monteil H. 
Clinical pharmacokinetics of cefotiam.
Clin Pharmacokinet. 1989;17:163-174

 

 

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