Unveränderter Text aus ZCT Heft 3,
1991
Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes
Zu Beginn der achtziger Jahre fand eine eindrucksvolle Vermehrung im Angebot der Cephalosporine zur parenteralen
Applikation statt. Heute läßt sich die Entwicklung und Einführung einiger neuer Cephalosporine zur oralen Anwendung für die nahe Zukunft vorhersagen. Dabei werden zwei verschiedene Typen von
Oralcephalosporinen auf den Markt kommen: zum einen die sogenannten "Einschleusester", die oral verfügbare Ester-Derivate von "parenteralen Cephalosporinen" darstellen und zum anderen völlig neue
Abkömmlinge des Cephalosporin-Grundgerüstes, die gegenüber den bisher bekannten Oralcephalosporinen verbesserte antibakterielle und/oder pharmakokinetische Eigenschaften aufweisen. Cefuroxim-Axetil
(ELOBACT, ZINNAT), das in Deutschland vor etwa zwei Jahren zugelassen wurde ("ZCT" 10: 27-29, 1989), ist ein typischer Vertreter der Ester-Derivate. Cefixim (CEPHORAL) ist eine neue halbsynthetische
Substanz, die zu der anderen Gruppe gehört. In der chemischen Struktur lassen sich Substituenten erkennen, die bereits bei den parenteral anwendbaren Derivaten für eine bessere antibakterielle
Wirkung und ß-Laktamasestabilität gesorgt haben. Dazu gehört der Aminothiazol-Rest und der Methoximino-Substituent. (Anmerkung am Rande: Fehler gibt es in nahezu jedem Druckerzeugnis, insbesondere
chemische Strukturfomeln werden häufig fehlerhaft reproduziert. Daß aber der ß-Laktamring in der Strukturformel eines neuen ß-Laktamantibiotikums in der Einführungsbroschüre des Herstellers falsch
gezeichnet wird, ist sicher selten1).
Antibakterielle Wirkung
Nicht nur nach der chemischen Struktur, sondern auch in der
antibakteriellen Aktivität besitzt Cefixim Ähnlichkeiten mit parenteral angewandten Derivaten, wie zum Beispiel Cefotaxim
(CLAFORAN) oder Ceftizoxim (CEFTIX). Der Wirkungsschwerpunkt liegt im gramnegativen Bereich. So betragen die minimalen Hemmkonzentrationen der Substanz, bei der
90% der untersuchten Stämme eines Erregers gehemmt werden (MHK90), für E. coli, P. mirabils, Klebsiella-Arten und H. influenzae weniger als 1 mg/l oder sie liegen sogar deutlich darunter. Zum
Vergleich: die entsprechenden Werte für das am längsten bekannte Oralcephalosporin, Cefalexin (ORACEF, CEPOREXIN), liegen zwischen 8 und 32 mg/l. Nach den in vitro ermittelten Daten ist Cefixim zum
Beispiel gegen H. influenzae etwa 500 mal aktiver als Cefalexin. In vielen Fällen besteht kein Unterschied in der antibakteriellen Aktivität zwischen Cefotaxim und Cefixim. Cefixim ist stabil
gegenüber den ß-Laktamasen aus gramnegativen Erregern; auch dies ist ein bedeutender Unterschied zu den älteren Oralcephalosporinen.
Die Aktivität gegenüber grampositiven Bakterien wurde im Vergleich zu älteren Oralcephalosporinen nicht verstärkt. Allerdings werden auch Streptokokken (einschließlich Pneumokokken) durch
Konzentrationen unter 1 mg/l gehemmt (MHK90).
Resistent sind jedoch Staphylokokken, Pseudomonas-Arten und Anaerobier1,2.
Pharmakokinetische Eigenschaften
Etwa 40 bis 50% einer oral verabreichten Dosis von
Cefixim werden aus dem Gastrointestinaltrakt absorbiert. Die gleichzeitige Aufnahme von Nahrung beeinflußt die Bioverfügbarkeit nicht signifikant. Etwa drei bis vier Stunden nach Einnahme einer 200
mg Tablette werden maximale Plasmakonzentrationen von etwa 3 mg/l erreicht. Ein ähnlicher Verlauf der Plasmakonzentrationen resultiert nach Einnahme der Suspension. Die Bindung an Plasmaproteine
liegt bei etwa 60 bis 65%. Nach einmaliger intravenöser Applikation wurde ein relatives Verteilungsvolumen von 6,7 l ermittelt, im "steady-state" betrug es 16,8 l. Mit einer Eliminationshalbwertzeit
von drei bis vier Stunden wird Cefixim überwiegend unverändert renal durch glomeruläre Filtration eliminiert. Die gleichzeitige Gabe von Probenecid verändert die Kinetik nicht signifikant.1,3 Der
biliär eliminierte Anteil liegt unter 10%.
Unter der Einnahme von Cefixim kommt es zu charakteristischen Veränderungen der Darmflora: die Anzahl der Enterobacteriaceae nimmt ab und die der Enterokokken steigt an. Nach Absetzen des Präparates
sind diese Veränderungen reversibel und es kommt zu einer Normalisierung der Darmflora.
Therapeutische Anwendung
In offenen Studien und in Vergleichs-Untersuchungen wurde die Wirksamkeit von Cefixim bei diversen Infektionen mit empfindlichen Erregern untersucht. Es erwies sich als wirksam bei Infektionen der oberen und unteren Atemwege, also zum Beispiel bei der purulenten Bronchitis und bei Pneumonien sowie bei Otitis media, Sinusitis, Tonsillitis und Pharyngitis; ferner bei Infektionen der Niere und der ableitenden Harnwege, bei Infektionen der Gallenwege und bei der gonorrhoischen Urethritis.4
Unerwünschte Wirkungen
Nach Angaben des Herstellers1 können "gelegentlich" gastrointestinale Störungen (Magendrücken, Übelkeit, Appetitlosigkeit etc.) unter der Therapie mit Cefixim auftreten (Angaben zur Häufigkeit der unerwünschten Wirkungen fehlen leider in der Basisinformation des Herstellers). Die Verträglichkeit soll besser sein, wenn die Tagesdosis von 400 mg auf zwei Dosen verteilt wird. Ferner wurden Hautausschläge, Schleimhautentzündungen, Überempfindlichkeitsreaktionen, ZNS-Symptome (z.B. Kopfschmerzen, Schwindel) sowie in Einzelfällen Blutbildveränderungen während der klinischen Erprobung beobachtet. Erst nach weiterer Erfahrung mit dem Präparat werden sich genauere Aussagen zur Verträglichkeit des neuen Präparates - etwa im Vergleich zu bisher gebräuchlichen Cephalosporinen - machen lassen.
ZUSAMMENFASSUNG:
Das ß-laktamasestabile Cefixim (CEPHORAL) besitzt eine antibakterielle
Aktivität im gramnegativen Bereich, wie sie bisher nur bei parenteral angewandten Cephalosporinen bekannt war; auch die grampositiven Streptokokken werden erfaßt, Staphylokokken sind jedoch
resistent. Nach oraler Gabe wird Cefixim in ausreichender Menge (ca. 50%) resorbiert. Seine Wirksamkeit bei Infektionen der Atemwege und bei Infektionen der Niere und der ableitenden Harnwege wurde
in klinischen Studien nachgewiesen. Solange weitere Angaben zur therapeutischen Wirksamkeit und Verträglichkeit der Substanz fehlen, kann der therapeutische Stellenwert noch nicht beurteilt werden.
Weitere Vergleichsstudien sind dazu notwendig.
Literatur:
Literatur:
1. Basisinformation "Cephoral", Stand: Dezember 1990, E. Merck, Darmstadt
2. STONE, J.W. et al., J. Antimicrob. Chemother. 23: 221-228,
1989
3. KEES, F. und NABER, K.G. Infection 18 (Suppl. 3): S150-S154, 1990
4. NN Infection 18 (Suppl. 3): S113-S170, 1990
Aktuelle Ergänzungen (September 2007)
Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 3, 1991) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Cefixim publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen werden:
Hinweis: Hinweise und Empfehlungen zum rationalen Einsatz oraler Antibiotika bei Erwachsenen und Schulkindern (Lebensalter 6 Jahre) einer Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V. siehe http://www.wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de/CTJ/CTJEMPF.HTM |
Quintiliani, R. Clin, Ther, 1996; 18: 373-390; discussion 372
Markham, A., Brogden, R.N. Drugs 1995; 49: 1007-1022
Wu, D.H. Clin. Ther. 1993; 15: 1108-1119