Caspofungin - ein neues Antimykotikum zur Behandlung von Aspergillus-Infektionen

Unveränderter Text aus ZCT Heft 1, 2002
2002-1.pdf
PDF-Dokument [107.8 KB]

Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes

Die Häufigkeit von Systemmykosen durch Aspergillus und Candida hat in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Hintergrund dieser Entwicklung ist vor allem die steigende Zahl immunsupprimierter Patienten. Nach wie vor ist das Angebot an wirksamen Antimykotika bei diesen schweren, lebensbedrohlichen Infektionen dürftig und beschränkt sich auf Amphotericin B (AMPHOTERICIN B) und Azolantimykotika. Daher ist es zu begrüßen, dass mit Caspofungin (CANCIDAS) ein neues Arzneimittel zur Behandlung systemischer Mykosen von der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA zugelassen worden ist. Caspofungin ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse, der Echinocandine. Das Antimykotikum hemmt die Synthese von ß-(1,3)-D-Glucan, einem essentiellen Bestandteil der Zellwand von Pilzzellen.

 

 

Strukturformel Caspofungin

Antimykotische Aktivität

 

Caspofungin weist in vitro ein breites antimykotisches Spektrum auf. Es wirkt gegen verschiedene Aspergillus- und Candida-Spezies, wobei auch Azol-resistente und Amphotericin-resistente Aspergillus-Stämme erfasst werden. Die in vitro vorhandene antimykotische Aktivität wurde in Tierexperimenten bestätigt. Allerdings bestand keine Wirksamkeit gegen C. neoformans bei immundefizienten Mäusen.

Pharmakokinetische Eigenschaften

 

Caspofungin wird intravenös verabreicht und ist zu etwa 96% an Plasmaproteine gebunden. Mit einer Halbwertzeit von 9 bis 10 Stunden (ß-Phase) wird die Substanz überwiegend hepatisch eliminiert, ein geringer Teil wird langsamer ausgeschieden (HWZ: 40 bis 50 Stunden). Neben der N-Acetylierung spielen auch hydrolytische Vorgänge eine Rolle. Eine Anpassung der Dosierung bei renaler Insuffizienz scheint nicht notwendig zu sein, bei mittelschwerer Leberinsuffizienz (Child-Pugh Score: 7 – 9) soll die Erhaltungsdosis auf 35 mg / Tag reduziert werden.

Klinische Wirksamkeit

 

Die klinischen Erfahrungen mit Caspofungin sind bisher noch sehr begrenzt. In den USA steht das Präparat unter dem Handelsnamen CANCIDAS schon seit einigen Monaten zur Behandlung therapierefraktärer Aspergillus-Infektionen zur Verfügung. Die Entscheidung der dortigen Zulassungs-behörde FDA gründete sich auf die ermutigenden Therapieergebnisse bei 63 Patienten mit invasiver Aspergillose, bei denen die Standardtherapie [Amphoterin B oder Itraconazol (SEMPERA u.a.)] ohne Erfolg blieb oder die die Standardtherapie nicht vertrugen. Bei etwa jedem zweiten Patienten wurde ein günstiges Ansprechen auf die alternative Therapie mit Caspofungin festgestellt.


Die Dosierung beträgt initial 70 mg, danach werden 50 mg/Tag verabreicht.

 

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

 

Auch die Fragen zur Verträglichkeit und Sicherheit lassen sich bei diesem Arzneimittel bisher nur unzureichend beantworten, da erst Erfahrungen mit etwa 600 Patienten vorliegen. Am häufigsten waren Fieber, entzündliche Reaktionen an der Infusionsstelle, Übelkeit, Erbrechen oder Kopfschmerzen. Bei etwa jedem 10. Patienten kam es zum Anstieg der Transaminasen. Bei gleichzeitiger Gabe von Ciclosporin (SANDIMMUN) waren die AUC-Werte von Caspofungin um ein Drittel erhöht, die Kinetik von Ciclosporin blieb unbeeinflusst. Ob es weitere klinisch relevante Interaktionen mit anderen hepatisch metabolisierten Arzneistoffen gibt, ist derzeit noch nicht geklärt.

ZUSAMMENFASSUNG

 

Caspofungin (CANCIDAS) ist ein Antimykotikum mit neuartigem Wirkmechanismus zur intravenösen Verabreichung. Es besitzt in vitro ein breites Spektrum, die klinischen Erfahrungen sind aber noch sehr begrenzt. Daher sollte es zunächst nur restriktiv zur Behandlung von Aspergillus-Infektionen bei Versagen der Standardtherapie angewandt werden.

 

 

1. KEATING GM, JARVIS B. Caspofungin.
    Drugs. 2001;61(8):1121-9.

 

Ergänzungen (Dezember 2009)

 

Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 1, 2002) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Caspofungin publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen werden:

PACETTI SA, GELONE SP et al. Caspofungin acetate for treatment of invasive fungal infections. Ann Pharmacother 2003; 37: 90-98.

STONE JA, XU X et al. Disposition of caspofungin: role of distribution in determining pharmacokinetics in
plasma. Antimicrob Agents Chemother 2004; 48: 815-823.

MCCORMACK PL, PERRY CM. Caspofungin
: a review of its use in the treatment of fungal infections. Drugs. 2005;65(14):2049-68.

SANZ-RODRIGUEZ C, ARRANZ R et al. Absence of
clinically relevant effect of caspofungin on cyclosporin pharmacokinetics. Swiss Med Wkly. 2005 Oct 29;135(43-44):658-9.

WALSH TJ, ADAMSON PC et al. Pharmacokinetics,
safety, and tolerability of caspofungin in children and adolescents. Antimicrob Agents Chemother. 2005 Nov;49(11):4536-45.

MARTINO R, VISCOLI C. Empirical antifungal
therapy in patients with neutropenia and persistent or recurrent fever of unknown origin. Br J Haematol. 2006 Jan;132(2):138-54.

GLASMACHER A, CORNELY OA et al. Caspofungin treatment in severely ill, immunocompromised patients:
a case-documentation study of 118 patients. J Antimicrob Chemother. 2006 Jan;57(1):127-34.

CUENCA-ESTRELLA M, GOMEZ-LOPEZ A et al. Head-to-head comparison of the activities of currently
available antifungal agents against 3,378 Spanish clinical isolates of yeasts and filamentous fungi. Antimicrob Agents Chemother. 2006 Mar;50(3):917-21.

MORRISON VA. Echinocandin antifungals: review and update. Expert Rev Anti Infect Ther. 2006;4:325-42.

LAVERDIERE M, LALONDE RG et al. Progressive
loss of echinocandin activity following prolonged use for treatment of Candida albicans oesophagitis. J Antimicrob Chemother. 2006;57:705-8.

BENNETT JE. Echinocandins for candidemia in adults without neutropenia.N Engl J Med. 2006;355:1154-9.

STEVENS DA, ICHINOMIYA M et al. Escape of
Candida from caspofungin inhibition at concentrations above the MIC (paradoxical effect) accomplished by increased cell wall chitin; evidence for beta-1,6-glucan synthesis inhibition by caspofungin. Antimicrob Agents Chemother. 2006;50:3160-1.

ELLIS M, FRAMPTON C et al. An open study
of the comparative efficacy and safety of caspofungin and liposomal amphotericin B in treating invasive fungal infections or febrile neutropenia in patients with haematological malignancy. J Med Microbiol. 2006; 55:1357-65.

MERLIN E, GALAMBRUN C et al. Efficacy and safety of caspofungin therapy in children with invasive fungal infections. Pediatr Infect Dis J. 2006;25:1186-8.

BOWMAN JC, ABRUZZO GK et al. Efficacy
of caspofungin against Aspergillus flavus, Aspergillus terreus, and Aspergillus nidulans. Antimicrob Agents Chemother. 2006;50:4202-5.

NGUYEN TH, HOPPE-TICHY T et al.
Factors influencing caspofungin plasma concentrations in patients of a surgical intensive care unit. J Antimicrob Chemother. 2007;60:100-6.

SAEZ-LLORENS X, MACIAS M et al.
Pharmacokinetics and safety of caspofungin in neonates and infants less than 3 months of age. Antimicrob Agents Chemother. 2009;53:869-75.

HORN DL, NEOFYTOS D et al. Epidemiology and
outcomes of candidemia in  2019 patients: data from the prospective antifungal therapy alliance registry. Clin Infect Dis. 2009;48:1695-703.

 

Jetzt für den INFEKTIO letter anmelden und regelmäßig per E-Mail Wissenswertes aus Mikrobiologie, Arznei-mittelforschung,Therapie uvm. erhalten.

Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie

Die Zeitschrift für Infektionstherapie (bis 2015: "Zeitschrift für Chemotherapie") erscheint im Jahr 2024 im 45. Jahrgang. Herausgeber und Redaktion sind bemüht, Sie kontinuierlich und aktuell über wichtige Entwicklungen im Bereich der Infektionstherapie zu informieren.

Druckversion | Sitemap
© mhp Verlag GmbH 2023