Unveränderter Text aus Heft 1, 2019
Ergänzungen am Ende des Textes
Clostridium (Clostridioides) difficile bildet Sporen und kann lange außerhalb eines Wirtsorganismus überleben. Im Gastrointestinaltrakt breitet sich der grampositive Anaerobier aus, wenn die normale Darmflora gestört ist und die Kolonisationsresistenz fehlt. Ursache dieser Veränderungen und der resultierenden opportunistischen Infektion durch C. difficile ist meist eine Antibiotikatherapie. Diese wird wiederum mit Antibiotika behandelt. Zur Therapie stehen mit Vancomycin (VANCOMYCIN ENTEROCAPS u.a.), Metronidazol (CLONT u.a.) und Fidaxomicin (DIFICLIR) drei unterschiedliche antibakteriell wirksame Stoffe zur Verfügung (vgl. Heft 2, 2011 und Heft 2, 2006 dieser Zeitschrift, www.infektio.de, Archiv).
Problematisch sind Patienten mit einem Rezidiv der Infektion (bei 18 bis 30% der erstmalig Erkrankten), welches zwei Ursachen haben kann: erneute Episode durch den patienteneigenen Stamm oder Reinfektion durch eine exogene Quelle. Bei etwa 40% dieser Patienten kommt es zu einer zweiten Rekurrenz, die vermehrt mit aufwendigen Stuhltransplantationen behandelt werden. Neue Therapieoptionen bei diesen lebensbedrohlichen rezidivierenden C. difficile-Infektionen sind dringend erforderlich. Da die Pathogenese der Erkrankung mit der Bildung von bakteriellen Toxinen zusammenhängt, ist bereits seit langem versucht worden, an dieser Stelle therapeutisch einzugreifen und die Wirkung der Toxine zu blockieren.
Pharmakologische Eigenschaften
Bezlotoxumab (ZINPLAVA) ist ein neuartiger, humaner, monoklonaler Antitoxin-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie produziert wird. Er bindet mit hoher Affinität an Clostridium difficile-Toxin B und blockiert dadurch dessen zerstörerische Wirkung auf die Darmschleimhaut. Das spezifisch wirksame Immunglobulin ist indiziert zur Prävention der Rekurrenz einer Clostridium difficile-Infektion (CDI) bei Erwachsenen mit einem hohen Rezidivrisiko.
Bezlotoxumab verhindert die Rekurrenz der Infektion mittels passiver Immunität gegen Toxine, die nach Auskeimen persistierender oder neu erworbener C. difficile-Sporen gebildet werden. Das Arzneimittel muss während der antibakteriellen Therapie gegen eine CDI angewendet werden. Der Antikörper wird als intravenöse Einmalinfusion über 60 Minuten unter Berücksichtigung des Körpergewichts mit 10 mg/kg verabreicht; eine 40-ml-Durchstechflasche enthält 1.000 mg Bezlotoxumab.1,2
Das Verteilungsvolumen beträgt etwa 7,3 Liter, was auf eine geringe extravaskuläre Verteilung hinweist. Der IgG1-Antikörper wird im Organismus zu kleineren Peptiden und einzelnen Aminosäuren abgebaut. Die Eliminationshalbwertzeit beträgt etwa 19 Tage.
Klinische Studien
Die Wirksamkeit von Bezlotoxumab wurde in zwei Placebo-kontrollierten Doppelblindstudien (MODIFY I und II) untersucht, in denen jeweils gut 800 Patienten auf Bezlotoxumab oder auf Placebo randomisiert wurden.3 Alle Patienten erhielten für 10 bis 14 Tage eine antibakterielle Standardtherapie gegen die Clostridien-Infektion (48% Metronidazol, 48% Vancomycin, 4% Fidaxomicin). Der Antikörper wurde zusätzlich vor oder während der Behandlung verabreicht, im Mittel am Tag 3. Eine nachträgliche Auswertung der Daten zeigte, dass der genaue Zeitpunkt der Antikörper-Infusion nicht entscheidend für die Wirksamkeit ist.4
Die Rekurrenzrate der Infektion bis zur Woche 12 nach Infusion unterschied sich in den beiden Gruppen um 10%: in der Placebogruppe kam es bei 26,6% der Patienten zu einem Rezidiv, in der Verumgruppe war dies bei 16,5% der Fall. Eine differenzierte Beurteilung der Wirksamkeit bei Patientengruppen mit unterschiedlichen Risikofaktoren für eine CDI, wie zum Beispiel Lebensalter, Immunsuppression etc, zeigte deutlichere Unterschiede. Bei Patienten in einem Alter von 65 Jahren oder mehr betrug der Unterschied zwischen den Gruppen 16%, auch bei Patienten mit Immunsuppression war eine deutliche Wirksamkeit des Antikörpers erkennbar: die Rekurrenzraten lagen bei 14,6% (Bezlotoxumab) und 27,5% (Placebo). In der Tabelle 1 werden einige der bekannten Risikofaktoren für eine CDI neben den Rekurrenzraten aufgelistet. Das Risiko für ein Rezidiv wurde am deutlichsten reduziert bei jenen Patienten, bei denen drei oder mehr Risikofaktoren bestanden. Falls kein Risikofaktor vorlag, waren keine Vorteile für die Patienten durch die zusätzliche Verabreichung des Antikörpers erkennbar.
Tabelle 1:
Rekurrenzrate (%) einer CDI nach Risikofaktor-Subgruppe
Risikofaktor bei Studien-einschluss |
Antibiotika* plus Bezlotoxumab |
Antibiotika* plus Placebo
|
Alter ≥ 65 Jahre
|
15,4 |
31,4 |
mind. eine frühere CDI-Episode** |
25,0 |
41,1 |
Immun-supprimiert
|
14,6 |
27,5 |
Schwere CDI
|
10,7 |
22,4 |
Infiziert mit hypervirulentem Stamm |
21,6 |
32,2 |
Infiziert mit Ribotyp 027
|
23,6 |
34,0 |
* alle Patienten erhielten eine antibakterielle Standardtherapie entweder mit Metronidazol, Vancomycin oder Fidaxomicin in den letzten sechs Monaten
Verträglichkeit
Das Sicherheitsprofil des neuen Antikörpers kann aus den Daten der klinischen Studien abgeleitet werden. Die häufigsten Nebenwirkungen nach einer Behandlung mit ZINPLAVA, berichtet bei vier oder mehr Prozent der Patienten innerhalb der ersten vier Wochen nach Infusion, waren Übelkeit, Diarrhö, Fieber und Kopfschmerz. Diese Ereignisse wurden bei Patienten der Placebogruppe mit ähnlicher Häufigkeit berichtet. Ein deutlicher Unterschied bestand bei Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz: ein schwerwiegendes, unerwünschtes Ereignis trat bei diesen Studienteilnehmern im Bezlotoxumab-Arm in 12,7% (15 von 118) bzw. in 4,8% (5 von 104) im Placebo-Arm auf. Bei Patienten mit einer anamnestisch bekannten dekompensierten Herzinsuffizienz sollte das Medikament nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewandt werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Rezidivierende Infektionen mit Clostridium difficile stellen ein wachsendes Problem dar. Angesichts der schwierigen therapeutischen Situation haben Stuhltransplantationen in den vergangenen Jahren zugenommen. Mit Bezlotoxumab (ZINPLAVA) steht ein neuartiges Präventionsprinzip zur Verfügung. Der Antikörper bindet an das pathogenetisch verantwortliche Toxin B, welches von dem grampositiven Anaerobier gebildet wird. Das Immunglobulin wird als einmalige Infusion zusätzlich zu der spezifischen Antibiotikatherapie verabreicht. Es resultiert - insbesondere beim Vorliegen von Risikofaktoren für ein Rezidiv – eine etwa 10- bis 16-prozentige Reduktion der Rezidivrate. Die wichtigsten Risikofaktoren sind höheres Lebensalter, schwerer Verlauf der Infektion und vorangegangene Episode einer Clostridium difficile - Infektion. Falls solche Risikofaktoren vorliegen, stellt das neue Arzneimittel eine wichtige therapeutische Option dar. Bei Patienten ohne Risikofaktoren hat das neue Präparat keinen Nutzen.
Literatur
1. SmPC Zinplava
https://www.ema.europa.eu/documents/product-information/zinplava-epar-product-information_de.pdf
3. Wilcox MH et al. Bezlotoxumab for Prevention of Recurrent Clostridium difficile Infection. N Engl J Med. 2017;376:305-317 FREE FULL TEXT