Unveränderter Text aus ZCT Heft 1, 1996
Mit Atovaquon (WELLVONE) wird eine neue antimikrobiell wirksame Substanz angeboten, die bei Infektionen durch Protozoen eingesetzt werden kann. Der
Wirkungsmechanismus des Chemotherapeutikums ist nicht genau geklärt. Es wird vermutet, daß es in die de novo-Pyrimidinsynthese der empfindlichen Erreger eingreift. Letztendlich werden die
Nukleinsäure- und ATP-Synthese in den Protozoen blockiert. Da die primären Angriffspunkte der Substanz Reaktionen betreffen, die in menschlichen Zellen nicht vorkommen (de-novo-Pyrimidinsynthese),
besteht eine selektive Toxizität für die Mikroorganismen. Atovaquon wirkt gegen Pneumocystis carinii, aber auch gegen Toxoplasmose- und Malariaerreger.
Atovaquon ist eine recht lipophile Substanz. Die absolute Bioverfügbarkeit ist relativ gering und unterliegt ausgeprägten interindividuellen Schwankungen. Die Einnahme des Medikamentes mit einer
fettreichen Mahlzeit verbessert die Resorptionsquote um das zwei- bis vierfache. Bei HIV-positiven Patienten wurde die Bioverfügbarkeit mit etwa 20% nach einer mit Nahrung eingenommenen Dosis von 750
mg ermittelt. Atovaquon wird zu mehr als 99,9% an Plasmaproteine gebunden. Es penetriert schlecht in den Liquor cerebrospinalis. Die Substanz wird nicht metabolisiert. Ein enterohepatischer Kreislauf
ist wahrscheinlich wesentlich für die lange Eliminationshalbwertzeit von zwei bis vier Tagen verantwortlich. Mehr als 94% einer Dosis werden innerhalb von drei Wochen mit den Fäzes
ausgeschieden.
Atovaquon ist zur Akutbehandlung von leichten bis mäßig schweren Formen der Pneumocystis carinii-Pneumonie indiziert, wenn die Therapie mit Cotrimoxazol (BACTRIM u.a.) nicht vertragen wird. Die
Standarddosierung lautet dreimal täglich eine Filmtablette (à 250 mg) zu den Mahlzeiten. Exantheme, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Fieber wurden als
unerwünschte Wirkungen während der Behandlung beobachtet. Auch erhöhte Leberenzymwerte, Hyponatriämie und Anämie wurden im Zusammenhang mit der Einnahme des Medikamentes gesehen. Es gibt Hinweise auf
Interaktionen mit zahlreichen anderen Medikamenten. Ausreichende Untersuchugen zu diesem Problem liegen aber nicht vor, daher gilt generell, daß andere Arzneimittel nur mit Vorsicht gleichzeitig
verabreicht werden sollen. Da Atovaquon in hohem Maße an Plasmaeiweiße bindet, ist vor allem bei Verordnung anderer Arzneimittel mit hoher Proteinbindung und geringer therapeutischer Breite Vorsicht
geboten.
Atovaquon (WELLVONE) ist ein neues Chemotherapeutikum gegen Protozoen, das die Behandlungsmöglichkeiten der Pneumocystis carinii-Pneumonie - allerdings nur bei milden und mittelschweren Manifestationen - erweitert. Es kann bei Patienten angewandt werden, die Cotrimoxazol (BACTRIM u.a.) schlecht vertragen.
1. HAILE LG, FLAHERTY JF. Atovaquone: a review.
Ann Pharmacother. 1993 Dec;27(12):1488-94.