Cefpodoxim-Proxetil

ein neues Cephalosporin zur oralen Anwendung

Unveränderter Text aus ZCT Heft 1, 1992

Aktuelle Ergänzungen am Ende des Textes


Die Zahl der oral anwendbaren Cephalosporine wächst - ihre Namen werden immer unausprechlicher! Erst kürzlich hatten wir anläßlich der Neueinführung von Cefixim (CEPHORAL) einen kleinen Überblick über die aktuelle Situation bei dieser Antibiotikagruppe gegeben (vgl "ZCT" 12: 21-22, 1991). Deshalb soll hier nur eine kurze Darstellung der neuen Substanz erfolgen. Eine umfassende Bewertung der alten und neuen resorbierbaren Cephalosporine wird in einer der nächsten Ausgaben der "ZCT" erfolgen.



Struktur und Wirkung

 

Cefpodoxim-Proxetil (ORELOX, PODOMEXEF) gehört zu den sogenannten "Einschleusestern" und ist in dieser Hinsicht mit Cefuroxim-Axetil (ELOBACT, ZINNAT) vergleichbar (vgl. "ZCT" 10: 27-29, 1989). Die Substanz wurde in Japan von der Firma Sankyo entwickelt und wird in Deutschland von zwei Firmen unter verschiedenen Handelsnamen vertrieben. Das Molekül des Antibiotikums weist einige Strukturelemente - wie z.B. den Aminothiazolrest oder die Methoximinogruppe auf - die in mehreren parenteral verabreichbaren Cephalosporinen ebenfalls vorhanden sind und die diesen Präparaten Stabilität gegen ß-Laktamasen von gramnegativen Erregern und hohe Aktivität im gramnegativen Bereich verleihen.


Antibakterielles Spektrum

 

Cefpodoxim-Proxetil besitzt ein breites antibakterielles Spektrum. Es wirkt gegen grampositive und gramnegative Bakterien und es ist stabil gegenüber den häufig vorkommenden ß-Laktamasen. Sowohl die wesentlichen Erreger von Atemwegsinfektionen (Streptokokken, Pneumokokken, Hämophilus influenzae und Moraxella catarrhalis) als auch die häufigsten Verursacher von Infektionen der Harnwege (Escherichia coli, Klebsiella, Proteus mirabilis) werden erfaßt. Die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK90-Werte) liegen bei diesen Keimen meist unter 1 mg/l. Schließlich ist die Substanz auch gegenüber einigen anderen Errgern wie z.B. Neisserien, Shigellen und Salmonellen wirksam.

Staphylokokken sind eher mäßig empfindlich (MHK90-Werte: meist > 2 mg/l). Enterokokken und Pseudomonaden sind resistent (MHK90 > 64 mg/l). Erreger atypischer Atemwegsinfektionen, wie Chlamydien, Legionellen oder Mykoplasmen, werden durch das neue Antibiotikum ebenfalls nicht erfaßt - es besteht in dieser Hinsicht also die gleiche Situation wie bei anderen ß-Laktamantibiotika.


Pharmakokinetische Eigenschaften

 

Das "Prodrug" wird nach oraler Gabe im Magen-Darmtrakt resorbiert und durch unspezifische Esterasen zum Wirkstoff Cefpodoxim hydrolysiert. Bei nüchterner Einnahme einer Tablette mit 100 mg Cefpodoxim-Proxetil liegt die Bioverfügbarkeit bei etwa 40 bis 50%. Da die Bioverfügbarkeit durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme verbessert wird, sollte das Medikament zu den Mahlzeiten eingenommen werden. Die gleichzeitige Einnahme von Präparaten, die den pH-Wert im Magen erhöhen (mineralische Antazida, H2-Antagonisten), führt zu einer etwa um 30% reduzierten Bioverfügbarkeit. Die maximalen Plasmakonzentrationen liegen zwei bis drei Stunden nach der Einmalgabe von 200 mg im Mittel bei 2,6 mg/l. Cefpodoxim wird nur relativ gering (40%) an Plasmaproteine gebunden. Das Verteilungsvolumen bei jungen Probanden liegt bei 0,42 l/kg. Das Antibiotikum wird überwiegend unverändert mit einer Eliminationshalbwertzeit von 2,1 bis 2,7 Stunden über die Nieren ausgeschieden. Bei Patienten mit deutlicher Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 40 ml/min) ist eine Reduktion der Dosierung notwendig.

 


Indikationen

Derzeit ist Cefpodoxim nur zur Behandlung von bakteriellen Infektionen der Atemwege zugelassen (Tonsillitis/Pharyngitis, Sinusitis, purulente Bronchitis, Pneumonie). Als Standarddosierung wird die Gabe von 2-mal täglich 100 bis 200 mg empfohlen. In verschiedenen Vergleichsstudien war es ebenso wirksam wie herkömmliche Präparate. Die überwiegend zum Vergleich herangezogenen Antibiotika waren: Cefaclor (PANORAL), Cefuroxim-Axetil (ELOBACT, ZINNAT) und Amoxicillin (CLAMOXYL u.a.). Laut Auskunft des Herstellers stehen die klinischen Studien zum Einsatz von Cefpodoxim bei Infektionen der Harnwege sowie der Haut und Weichteile kurz vor dem Abschluß. Mit einer Zulassung dieses Präparates auch für diese Indikationen wird dann zu rechnen sein.

Verträglichkeit

Mit dem zunehmenden Angebot etwa gleich gut wirksamer Antibiotika zur Behandlung von bakteriellen Infektionen der Atemwege und der Harnwege werden die Unterschiede in der Verträglichkeit der Substanzen immer relevanter bei der Auswahl eines Medikamentes. Insgesamt war die Verträglichkeit von Cefpodoxim-Proxetil während der klinischen Erprobung gut und war ähnlich, wie die der zum Vergleich herangezogenen Antibiotika. Bei der Auswertung der Daten von etwa 1500 Patienten wurden als unerwünschte Arzneimittelwirkungen hauptsächlich Störungen im Gastrointestinaltrakt beobachtet (in Klammern die Häufigkeit): Durchfall (4,6%), weicher Stuhl (0,7%), Übelkeit (1,2%), Bauchschmerzen (1,2%). Hauterscheinungen wie Juckreiz (0,1%) oder Ausschläge (0,48%) traten seltener auf. Schließlich wurden bei einigen Patienten Kopfschmerzen (0,9%) und Schwächegefühl (0,5%) registriert. Es gab keine Hinweise auf eine Beeinflussung der Nieren- oder Leberfunktion oder des Blutbildes durch das neue Medikament. Bei 2,3% der Patienten unter Cefpodoxim-Proxetil wurde die Behandlung wegen unerwünschter Wirkungen abgebrochen (Vergleichspräparate: 2,2% der Patienten).



ZUSAMMENFASSUNG:

 

Cefpodoxim-Proxetil (ORELOX, PODOMEXEF) ist ß-laktamasefest und besitzt z.B. gute Ativität gegen Streptokokken und H. influenzae. Aus dem "Prodrug"-Molekül wird während der Resorption aus dem Magen-Darmtrakt die antibakteriell wirksame Substanz Cefpodoxim freigesetzt. Die pharmakokinetischen Eigenschaften erlauben die 2-mal tägliche Gabe von vorwiegend 200 mg. Es wird zunächst nur zur Behandlung von Infektionen der oberen und unteren Atemwege angeboten. Hinsichtlich therapeutischer Wirksamkeit und Verträglichkeit bestanden keine wesentlichen Unterschiede zu anderen ß-Laktamantibiotika, die bisher bei den genannten Indikationen angewandt worden sind. Cefpodoxim-Proxetil kann damit als eine neue Alternativ-Substanz zur Behandlung von Infektionen des Respirationstraktes eingeordnet werden.



Aktuelle Ergänzungen (September 2007)

 

Seit der Erstellung und Veröffentlichung dieses Artikels in der Zeitschrift für Chemotherapie (Heft 1, 1992) sind zahlreiche weitere Arbeiten über Cefpodoxim-Proxetil publiziert worden. Insbesondere soll an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten hingewiesen werden:

 

Hinweis: Hinweise und Empfehlungen zum rationalen Einsatz oraler Antibiotika bei Erwachsenen und Schulkindern (Lebensalter 6 Jahre) einer Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V. siehe http://www.wissenschaftliche-verlagsgesellschaft.de/CTJ/CTJEMPF.HTM

Chocas, E.C., Paap, C.M., Godley, P.J. Ann. Pharmacother. 1993; 27: 1369-1377
Frampton, J.E., Brogden, R.N., Langtry, H.D., Buckley, M.M. Drugs 1992; 44: 889-917

 

 

 

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