Interaktionen zwischen Tetrazyklinen und anderen Arzneimitteln

(letzte Aktualisierung 14. August 2007)

Zu den klassischen Arzneimittel-Interaktionen zählt die Hemmung der Tetrazyklin-Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt durch zwei- oder dreiwertige Kationen. Da die Antibiotika Chelatkomplexe mit den Ionen bilden, wird die Resorption beider Stoffe reduziert. Die Interaktion ist offenbar mit Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) geringer ausgeprägt als mit Tetrazyklin (TETRACYCLIN ratiopharm u.a.). Falls eine gleichzeitige Gabe des Tetrazyklins und Antazida, Eisenpräparaten oder anderen kationenhaltigen Mitteln gewünscht ist, muss ein deutlicher zeitlicher Abstand von mindestens 3 Stunden zwischen der Einnahme eingehalten werden. Nicht vergessen werden darf, dass es auch zu einer Resorptionshemmung durch gleichzeitige Aufnahme von Milch oder Milchprodukten kommen kann. Es bestehen also in dieser Hinsicht sehr ähnliche Verhältnisse wie bei den Chinolonen (s. dort).

Es ist auch bekannt, dass Arzneimittel mit enzyminduzierender Wirkung, wie zum Beispiel die Antiepileptika Carbamazepin (TEGRETAL u.a.), Phenytoin (ZENTROPIL u.a.) und Primidon (LISKANTIN u.a.), zu einem beschleunigtem Abbau der Tetrazykline führen können und damit ein Risiko für subinhibitorische Spiegel der Antibiotika besteht.

Ein Pseudotumor cerebri, also eine intrakranielle Drucksteigerung mit Papillenödem, Sehstörungen und Kopfschmerzen, ist als seltene unerwünschte Wirkung der Tetrazykline seit langem bekannt. Die unerwünschte Wirkung tritt vermehrt bei jüngeren Frauen auf. Das entsprechende Risiko kann durch die gleichzeitige Gabe von Vitamin A erhöht sein (vgl. ZCT 1982; 3:24). Auch bei der gleichzeitigen Gabe von Vitamin-A-Derivaten, wie zum Beispiel Isotretinoin (ROACCUTAN u.a.) ist das Risiko erhöht. Da beide Präparate nicht selten zur Therapie der Akne angewandt werden [z. B. Minocyclin (KLINOMYCIN u.a.)], liegen mehrere entsprechende Fallberichte vor.

Eine Kasuistik, die von Kollegen aus Valencia (Spanien) mitgeteilt wurde, zeigt, dass relevante Arzneimittel-Interaktionen darüber hinaus auch mit anderen Arzneimitteln auftreten können.1 Wegen eines Osteosarcoms hatte ein 17-jähriges Mädchen bereits 10 Behandlungszyklen mit Methotrexat (METHOTREXAT LEDERLE u.a.) erhalten. Die Spiegel des Zytostatikums waren routinemässig überwacht worden. Als die Patientin im 11. Zyklus gleichzeitig mit Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) behandelt wurde, waren die Plasmaspiegel von Methotrexat signifikant erhöht. Dies führte zu Komplikationen und zu einer erheblichen Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes.

1. TORTAJADA-ITUREN JJ, ORDOVAS-BAINES JP et al. High-dose methotrexate-doxycycline interaction. Ann Pharmacother. 1999 Jul-Aug;33(7-8):804-8.

Tetrazykline (A)*

Andere Arzneimittel (B)

Interaktion

 bzw.

Wirkung

Klinische

Bedeutung

 

Anatazida

 (Al, Mg,

Ca-haltig)

Resorption von A

++

 

Antidiabetika

 (orale)

Wirkung von B

+

 

Antikoagulantien (orale)

Wirkung von B

++

 

Barbiturate

Metabolismus

von A

+

 

Carbamazepin

Metabolismus

von A

+

 

Colestyramin

Resorption von A

+

 

Cyclosporin

Toxizität von B

+

 

Digoxin

Spiegel von B

+

 

Eisensalze

 (orale)

Resorption von A

++

 

Isotretinoin

Risiko für

 Pseudotumor

cerebri

++

 

Kontrazeptiva

 (orale)

Wirkung von B

(Darmflora!)

++

 

Methotrexat

Toxizität von B

++

 

Milch,

Milchprodukte

Resorption von A

++

 

Phenytoin

Metabolismus von A

+

 

Primidon

Metabolismus von A

+

 

Rifampicin

Metabolismus von A

+

 

Wismutpräparate

Resorption von A

++

 

Zinkpräparate

Resorption von A

+

 

+ = wahrscheinlich klinisch relevant; ++ = sicher klinisch relevant

* Einige der angeführten Interaktionen sind nur für Tetrazyklin relevant und gelten nicht in gleichen Maße für Doxycyclin; die Interaktionen mit mehrwertigen Kationen und Milchprodukten sind mit Doxycyclin weniger ausgeprägt als mit Tetrazyklin; ausreichende vergleichende Studien liegen aber nicht in jedem Falle vor.
mod. nach ROTE LISTE 2001  

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